Mehr Flexibilität für EU-Roaming-Regelung

24.01.2007

Der österreichische EU-Parlamentarier Paul Rübig [ÖVP] hat einen Positionsentwurf zur EU-Roaming-Verordnung ausgearbeitet. Im Interview mit ORF.at erklärt er seinen Bericht und zeigt sich optimistisch, dass dieser noch vor dem Sommer in erster Lesung abgesegnet wird.

Rübig präsentierte am Dienstag in Brüssel seinen ersten Berichtsentwurf zum Thema. Rübig spricht sich dabei für ein flexibles Modell aus. Er fordert unter anderem einen "Euro-Tarif" für den Endkunden und eine Roaming-Börse für die Betreiber.

Der Industrieausschuss [ITRE] des Parlaments soll am 11. April über Rübigs Bericht abstimmen nachdem der Binnenmarktausschuss darüber beraten hat. Das Plenum des Europaparlaments kommt voraussichtlich im Mai zu Wort. Damit könnte die Roaming-Verordnung noch im Mai bei einem EU-Telekom-Rat beschlossen werden, ist der ÖVP-Abgeordnete zuversichtlich.

Wie die EU-Kommission will auch Rübig eine Entgeltregulierung auf Großkundenebene durch eine Obergrenze erreichen. Diese sollte sich aus den durchschnittlichen Mobilfunk-Zustellungsentgelten und einem noch zu definierenden Faktor berechnen. Die EU-Kommission hatte eine Gewinnspanne von 30 Prozent vorgeschlagen.

Sie sind der für die geplante EU-Roaming-Verordnung zuständige Berichterstatter des Europaparlaments, was genau sind Ihre Aufgaben?

Rübig: Als Berichterstatter des Ausschusses für Industrie, Technologie und Forschung bin ich für die Ausarbeitung der Position des Europäischen Parlaments zu diesem Gesetzesentwurf der Kommission zuständig. Das Europäische Parlament befindet sich in dieser Frage in der Mitentscheidung, das heißt, wir entscheiden gleichberechtigt mit dem Ministerrat über die endgültige Ausgestaltung dieser EU-Verordnung.

Es ist meine Aufgabe, die unterschiedlichen Positionen innerhalb des Parlaments zu koordinieren und mich selbst mit möglichen Lösungsvorschlägen konstruktiv einzubringen. Dabei steht die Suche nach einer Mehrheit im Vordergrund meiner Arbeit, die in die Vorlage meines Berichts im Plenum mündet. Nach außen hin vertrete ich die Position des Europäischen Parlaments gegenüber dem Rat und verhandle mit diesem über die Ausgestaltung der EU-Roaming-Verordnung.

Während Kommissarin Viviane Reding vergangenen Sommer eine relativ abgeschwächte Version der Roaming-Verordnung präsentiert hat, verschärfen Sie die Forderungen in Ihrem Berichtsentwurf. Wie sehen Sie die Chancen des Entwurfs im Industrieausschuss bzw. Plenum des Parlaments?

Rübig: Die Europäische Union muss im Bereich des Mobilfunks im Ausland dem europäischen Bürger klare Ergebnisse liefern. In einem europäischen Binnenmarkt kann es nicht sein, dass man von Wien nach Innsbruck null Cent in der Minute, von Salzburg nach Freilassing hingegen zwei Euro und mehr bezahlt. Hier muss und kann es spürbare Verbesserungen geben.

Mit dem Berichterstatter des Binnenmarktausschusses habe ich bereits in allen wesentlichen Punkten Übereinstimmung erzielt. Ich sehe daher die Chancen für eine Einigung bereits in erster Lesung, also vor dem Sommer, durchaus realistisch.

Die EU-Regelung sieht nur eine Senkung der Gebühren für die Telefonie vor, Datendienste sind vorerst nicht betroffen.

In ihrem Berichtsentwurf ist von einer "Roaming-Börse" für Auslandsgesprächsminuten die Rede. Wie könnte eine solche Börse im Detail aussehen bzw. funktionieren?

Rübig: Die Börse soll der Industrie die Möglichkeit geben, im Sinne einer Selbstregulierung aus dem Modell der Kommission, das heißt einer Preisobergrenze auf Vorleistungsebene, heraus zu kommen. Die Börse ist eine Tür, durch die die Industrie gehen kann, aber nicht muss. Die Unternehmer sind gefragt, sich mögliche Börsenmodelle zu überlegen. Dies ist nicht Aufgabe der Gesetzgeber.

Der UMTS-Betreiber Hutchison erlässt seinen Kunden die Roaming-Gebühren, wenn Sie sich in einem ausländischen Schwesternetz befinden. Was halten Sie von diesem Modell und würde das den Betreiber nach Ihrem Entwurf von der der Regulierung auf Großkundenebene ausschließen?

Rübig: Ziel meines Vorschlages ist es, geografische Grenzen, die den Konsumenten von der Nutzung seines Mobiltelefons im Ausland abhalten, so weit wie möglich abzuschaffen und einen nachhaltig funktionierenden europäischen Binnenmarkt im Bereich der Telekommunikation zu schaffen. Hutchison geht mit der Einführung seines neuen Tarifs genau in diese Richtung. Ich würde mir wünschen, dass auch andere Anbieter diesem Modell folgen.

Hutchison hat sein Angebot "3 Like Home" in Großbritannien gestartet, ab Mitte Februar sollen auch österreichische Kunden in den Genuss der Gebührenbefreiung kommen.

Sie fordern mehr Transparenz in Form einer Echtzeit-Preisanzeige auf dem Handy? Erwarten Sie sich seitens der Betreiber hierbei keinen Aufschrei auf Grund der Mehrkosten?

Rübig: Eine bessere Preistransparenz für den europäischen Bürger ist eines der Kernelemente der Roaming-Regulierung und steht für mich im Mittelpunkt auch meiner Arbeit. Es kann nicht sein, dass der Konsument erst am Ende des Monats erfährt, in welcher Höhe während seines Urlaubs oder während seiner Geschäftsreise Roaming-Kosten angefallen sind.

Schon heute bekommt man bei jedem Grenzübertritt ein Begrüßungs-SMS des Netzbetreibers. Wenn diese SMS auch Auskunft über die Kosten gibt, sehe ich darin keinen großen Mehraufwand für die Industrie.

Im Rahmen der EU-Roaming-Verordnung sprachen die Betreiber immer wieder von einem drohenden Preisanstieg im Inlandsbereich? Wie soll dem entgegengewirkt werden?

Rübig: Betrachtet man die einzelnen nationalen Mobilfunkmärkte, so kann man feststellen, dass hier durchaus Wettbewerb besteht. Gerade in Österreich gibt es einen gut funktionierenden, durch dynamischen Wettbewerb geprägten Inlandsmarkt. Mein Vorschlag bietet den Betreibern genug Spielraum zu individueller Preisgestaltung. Ich bin daher überzeugt, dass es nur minimale Auswirkungen auf die nationalen Preise geben wird.

(futurezone | Nayla Haddad)