Hohe Anforderungen an ELGA
Österreich will - so wie andere europäische Staaten und die USA auch - in den kommenden Jahren die lebensbegleitende "Elektronische Gesundheitsakte" [ELGA] einführen. Die technischen und rechtlichen Anforderungen sind jedoch enorm hoch.
Kernpunkt von ELGA: Wichtige Gesundheitsdaten jedes Menschen sollen mit dessen jeweiliger Zustimmung für Ärzte, Krankenhäuser und andere Leistungsanbieter jederzeit per EDV zugänglich sein.
Die Industrie ist an dem Projekt enorm interessiert. Doch entscheidend werde die vorausgehende genaueste Planungsarbeit unter Beteiligung der Nutzer sein, wurde bei der Fachkonferenz Con.ect in Wien betont.
Nutzerinteressen nicht vergessen
Während Telekom-, Software- und Hardware-Anbieter in ELGA oder ähnlichen Projekten längst ein lukratives Geschäft orten, mahnt Wolfgang Dorda, Informationsspezialist an der Medizinischen Universität Wien, zur Betonung der Interessen der eigentlichen Nutzer: "Wir reden über eine Unterstützung des Gesundheitswesens. Die Technik kann es in seinen Aufgaben unterstützen, sie ist nicht Selbstzweck."
Hohe technische Anforderungen
Machte schon die Einführung der E-Card in Österreich erhebliche Probleme, so stelle das neue Projekt eine um Potenzen kompliziertere Materie dar:
Das System muss ermöglichen, dass zwischen einzelnen Teilnehmern wie Ärzten, Krankenhäusern etc. standardisierte Nachrichten mit Patienteninformationen ausgetauscht werden können.
Eine Frage der Sicherheit
Gleichzeitig müssen die wichtigen gesundheitlichen Grunddaten jedes Patienten - die Frage ist, welche das wirklich sind - rund um die Uhr verfügbar sein. Da es keine zentrale Datenbank geben wird, muss wohl jeder Arzt seinen Computer 24 Stunden für Zugriffe von außen in Betrieb halten. Und das mit allen Sicherheitsrisiken.
Um die Patientendaten wirklich nutzen zu können, müssen alle Informationen in ELGA nach einem einheitlichen Standard dokumentiert werden. Dafür müssen auch die entsprechenden Computerformulare entwickelt und approbiert werden.
Patientenvertreter und die Wiener Ärztekammer haben jüngst ihre Bedenken gegen die wachsende Zahl an elektronisch gespeicherten Gesundheitsdaten geäußert.
"Eurofighter der Gesundheitspolitik"
Der Datenschutz kann gar nicht wichtig genug eingeschätzt werden. Dorda betont: "Es handelt sich um außerordentlich sensible Patientendaten." Österreich werde wahrscheinlich ein eigenes ELGA-Gesetz zur Regelung der komplexen Materie benötigen. Doch wenn die Marktteilnehmer nicht mitmachen, kann das Projekt nur scheitern. Der Experte: "Die Nutzerakzeptanz ist problematisch."
Bereits davor hatte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Reiner Brettenthaler, bei einer Pressekonferenz in Wien bereits betont, dass ELGA ohne intensive Planungsarbeit durch jene Institutionen, die damit dann arbeiten sollen, leicht zum "Eurofighter der Gesundheitspolitik" werden könnte. Die Ärzteschaft werde sich sicher nicht - wie bei der E-Card - an der Finanzierung beteiligen.
Der US-Computerkonzern IBM hat in Frankreich seine Vision vom "vernetzten Krankenhaus" vorgestellt. Die Forscher sehen eine "digitale Radikalkur" für mehr Effizienz im Gesundheitswesen als dringend notwendig, Vorbild ist dabei Dänemark.
(APA)