"Große Gamestudios sind unwirtschaftlich"

25.01.2007

Nach der Abwicklung aller Verbindlichkeiten wollen die ehemaligen Chefs von Rockstar Vienna mit einem gänzlich neuen Konzept wieder durchstarten. Nach dem Outsourcing-Prinzip sollen bei der Spieleentwicklung die Kräfte dort eingesetzt werden, wo sie gerade gebraucht werden.

Seit der Schließung von Rockstar Vienna im Mai 2006 war es ruhig um die Langzeitgefährten Niki Laber und Hannes Seifert geworden, die bereits als neo Software seit 1993 fixer Bestandteil der heimischen Entwicklerszene sind.

Letztes Jahr wurde über Nacht mit Rockstar Vienna das zu dem Zeitpunkt größte Entwicklerstudio in Österreich einfach dicht gemacht, rund hundert Leute standen bei ihrem Dienstantritt vor verschlossenen Türen.

Keine Infos zur Rockstar-Schließung

Rockstar Vienna sei Vergangenheit, jetzt richte sich der Blick wieder in Zukunft, gibt sich Laber gegenüber ORF.at optimistisch. Er hege keine schlechten Gefühle gegenüber Rockstar oder auch Take Two, es sei eine schöne Zeit gewesen.

Über die wahren Hintergründe der Schließung sei aber Stillschweigen vereinbart worden, gibt sich Laber diesbezüglich hartnäckig zugeknöpft.

Der Grund für das zwischenzeitliche Abtauchen: Bis Jahresende waren sowohl Seifert als auch Laber noch Angestellte von Rockstar und mussten die restlichen Verbindlichkeiten und Geschäfte abwickeln.

Entwicklungskosten explodieren

Angesprochen auf das neue Konzept wird er schlagartig gesprächig: "Wir wollen mit unserer neuen Firma Games That Matter einen neuen Produktionsablauf im Spielebereich etablieren. Die Spieleentwicklung soll bei uns nur mehr zwölf bis 18 Monate dauern."

Große Spielstudios seien in der heutigen Zeit nicht mehr wirtschaftlich. "Je größer das Spiel, desto mehr Leute brauche ich für die Entwicklung. Da aber nicht alles gleichzeitig entwickelt werden kann, entstehen auch immer wieder kostenspielige Leerläufe."

Diese Leerläufe würden die auf Grund der immer detail- und umfangreicher werdenden Spiele ohnedies stetig steigenden Produktionskosten zusätzlich belasten.

Komme dann noch ein Technologiewechsel bzw. neue Technik hinzu, müsse meist auch noch ein Teil der Entwicklung von vorne beginnen und das Spiel verzögern und damit die Produktion zusätzlich verteuern.

Konzentration auf Gameplay

Dem will Games That Matter [GTM] mit einer Art "Lean Production" und Fokus auf das Wesentliche begegnen: "Wir wollen uns auf das Gameplay konzentrieren und weniger auf neue Technologien", so Laber. Produziert werde nicht mehr nur im Haus, sondern mit und über Drittfirmen.

Das Modell soll helfen, die Kosten wieder in den Griff zu bekommen, erklärt Seifert bei der offiziellen Vorstellung von GTM: "Wir wollen keine Spiele produzieren, nur um Teams auszulasten." Das Geld soll direkt in die Spiele fließen.

Fortsetzungen als Finanzierungshilfe

Fortsetzungen bereits erfolgreicher Spiele will sich GTM zwar nicht verschließen, aber "sie dienen meist nur für die Beschäftigung und Finanzierung bestehender Teams". Diesem Problem der Branche wolle GTM durch ein für die Branche zwar neues, aber in anderen Bereichen bereits bewährtes Konzept begegnen.

Investor und Partner Jürgen Goeldner, vormals THQ Mobile, erzählt, dass zumindest vier der Top-Ten-Publisher an dem Konzept interessiert sind. Bedienen will man jede Plattform, auch Handyspiele kann sich Goeldner vorstellen.

Das Geld soll, wie im Filmgeschäft üblich, gänzlich von Investoren gestellt werden. GTM will den klassischen Weg über einen Publisher eher meiden und so die Kontrolle über die Entwicklung selbst behalten.

Erstes Spiel Ende 2008

GTM selbst hat derzeit zehn Mitarbeiter, alle ehemalige Rockstar-Leute. Diese sollen aber nur die Ideen liefern und koordinieren, der Rest soll extern oder über eigens gegründete Produktionsfirmen erfolgen, skizziert Laber die Idee.

"Wenn wir für drei Monate Grafikdesigner brauchen, werden wir sie für diese Zeit bei uns anstellen." Im Anschluss sollen sie aber nicht auf der Straße stehen, sondern günstigstenfalls zwischen den einzelnen Produktionsfirmen wechseln. Idealerweise brauche es dafür drei Projekte gleichzeitig, so Laber.

Ein bereits konkretes Projekt gebe es derzeit noch nicht, "intensive" Gespräche sollen aber bereits laufen. Auf die Frage, wann das erste GTM-Spiel zu erwarten sei, meint Laber: "Ende 2008". Man darf gespannt sein.

(futurezone | Nadja Igler)