Wirkungsloser Aufstand der Kleinaktionäre

siemens
25.01.2007

Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer hat am Donnerstag die 30-prozentige Gehaltserhöhung für Vorstandsmitglieder verteidigt.

Angesichts der Schmiergeldaffäre ließen sich die Kleinanleger auf der Siemens-Hauptversammlung am Donnerstag in München auch durch glänzende Quartalszahlen nicht besänftigen.

Siemens hat heute bereits angekündigt, das US-Software-Haus UGS übernehmen zu wollen und einen Börsengang von Siemens VDO anzustreben.

Kleinaktionäre lehnen Entlastung ab

Schutzvereinigungen und Kleinaktionäre lehnten eine Entlastung der Konzernführung ab. "Das Unternehmen schlittert von einer Affäre in die nächste", kritisierte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz [DSW].

Der Vorstandsvorsitzende Klaus Kleinfeld und von Pierer versprachen den Aktionären eine vollständige Aufklärung des Korruptionsskandals. Siemens geht davon aus, dass bis zu 420 Millionen Euro in Schwarze Kassen geflossen sind. "Als ich davon erfahren habe, war ich zunächst fassungslos", sagte Kleinfeld.

Sanierer stolpern über Bußgeld

Aktionärsvertreter kritisierten, der Konzern sei zu spät aktiv geworden und habe das wahre Ausmaß des Skandals lange verheimlicht. Hans-Christof Hirt vom britischen Fondsmanager Hermes sagte, man müsse die Ergebnisse der Ermittlungen abwarten. "Vorstand und Aufsichtsrat haben die Schmiergeldaffäre aber zumindest nicht verhindert und die Aufklärung spät eingeleitet."

Operativ konnte Kleinfeld auf Fortschritte verweisen. Im ersten Quartal 2006/07 [30. September] stieg das operative Ergebnis um 51 Prozent auf gut 1,6 Milliarden Euro. "Alle Bereiche sind profitabel", sagte Kleinfeld. Selbst der kränkelnde IT-Dienstleister SBS schrieb erstmals seit drei Jahren schwarze Zahlen.

Allerdings wurden die Zugewinne durch das Rekordbußgeld zunichte gemacht, das die EU- Kommission am Vortag wegen Kartellabsprachen gegen Siemens verhängt hatte. Der Gewinn nach Steuern sank wegen der Belastungen in Höhe von 423 Millionen Euro daher im ersten Quartal um 16 Prozent auf 788 Millionen Euro. "Wir sind mit der Höhe des Bußgelds absolut nicht einverstanden", sagte Kleinfeld und kündigte einen Einspruch an.

30 Prozent mehr Gehalt für den Vorstand

Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer wies Kritik an seiner Rolle bei der Aufklärung der Schmiergeldaffäre zurück. Er habe in seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender "ganz wesentliche Schritte zur Bekämpfung der Korruption eingeleitet".

Im Prüfungsausschuss des Aufsichtsrates nehme er an Sitzungen zur Schmiergeldaffäre nicht teil. "Damit ist, so meine ich, der Besorgnis der Befangenheit vorgesorgt." Aktionärsschützer hatten kritisiert, dass Pierer nun als Aufsichtsratschef Vorfälle aufklären müsse, die zum Großteil in seiner Amtszeit als Vorstandsvorsitzender geschehen sind.

Pierer verteidigte die umstrittene 30-Prozent-Gehaltserhöhung für den Vorstand. Siemens sei bei den Vorstandsgehältern im Vergleich mit den anderen DAX-Unternehmen "von den Spitzenpositionen weit entfernt". Allerdings sagte Pierer angesichts der öffentlichen Kritik auch: "Wir werden in Zukunft Gehaltssprünge in dieser Dimension vermeiden."

Die Siemens-Aktie steigt

Den Umsatz steigerte Siemens im ersten Quartal um sechs Prozent auf gut 19 Milliarden Euro. Der Auftragseingang legte etwas schwächer um vier Prozent auf knapp 24,6 Milliarden Euro zu.

Im Ausblick betonte Kleinfeld, alle Geschäftsbereiche sollten schon im laufenden Quartal die ehrgeizigen Renditeziele erfüllen. Danach solle die Ertragskraft weiter ausgebaut werden. Die Siemens-Aktie war mit einem Plus von zeitweise sechs Prozent auf 82,50 Euro Tagessieger im Deutschen Aktienindex.

(dpa)