Musikindustrie spielt mit einem Boomerang
Die Recording Industry Association of America [RIAA] hat am Mittwoch angekündigt, in ihrem Kampf gegen den kostenlosen Tausch von Musik im Netz auch gegen Hunderte von Nutzern der Online-Tauschbörsen vorzugehen.
Dieses Vorgehen beinhaltet allerdings auch große Risiken für die Musikindustrie: Während sie bisher bei Politikern angesichts sinkender Umsätze und des anhaltenden Tauschbörsenbooms fast alle Sympathien auf ihrer Seite hat, werden die "Piraten" durch die Klagen auch Gesichter bekommen - und diese könnten sympathisch sein:
"Ich glaube, wir werden dann Geschichten von Familien hören, die allein durch die Anwaltskosten finanziell ruiniert sein werden", meint beispielsweise Philip S. Corwin, der als Lobbyist für Sharman Networks [KaZaA] arbeitet.
"Dabei wird das gesparte Geld für Timmys College draufgehen", malt er die Geschichte weiter aus und lässt damit keine Zweifel daran, dass er dieses "Material" für seine Arbeit einsetzen wird.
"Wir werden damit beginnen, Namen zu sammeln und Klagen gegen die Nutzer jener Peer-to-Peer-Netzwerke vorzubereiten, die eine beträchtliche Zahl von Musikdateien illegal zur Verfügung stellen", sagte RIAA-Chef Cary Sherman am Mittwoch.
Aktion scharf gegen Tauschbörsen-UserPolitik mit unschuldigen Opfern
Richtig peinlich könnte es für die RIAA werden, wenn wirklich Unschuldige geklagt werden und diese sich trotz Prozessgewinns finanziell verausgaben müssen.
Das könnte allein dadurch geschehen, dass die RIAA zwar Provider dazu zwingen kann, die Rechner, von denen aus illegal Musik getauscht wurde, zu identifizieren, aber damit noch nicht immer klar ist, welche Person den Rechner genutzt hat. Das könnte zum Beispiel Eltern betreffen, deren - im Zweifelsfall minderjährigen Kinder - Tauschbörsen genutzt haben.
Die RIAA scheint dabei durchaus ein Gespür dafür zu haben, welche Fälle nicht mehr kommunizierbar sind: Die bisher wohl aggressivste Klage der US-Musiklobby gegen Raubkopierer ging im Mai mit einem außergerichtlichen Vergleich zu Ende.
Vier US-Studenten, die von der RIAA wegen massiver Urheberrechtsverletzungen geklagt worden waren, erklärten sich zu Zahlungen zwischen "nur" 12.000 und 17.500 USD bereit - Ursprünglich hatten die Plattenlabels eine Schadenersatzsumme in Höhe von 98 Milliarden USD gefordert.
Der juristische Schritt erfolgte, da die Studenten laut RIAA mit ihren Systemen den Musikdiebstahl in großem Stil ermöglichten. Laut Anklageschrift hätten sich auf den Rechnern "mehrere hundert illegale Songs, in einem Fall sogar mehr als eine Mio. Lieder" befunden.
Campus-Piraten zahlen RIAA-BußeHardliner geben den Ton an
Bisger dominieren in der politischen Diskussion in den USA allerdings noch die Hardliner. Bezeichnend sind dabei besonders krasse Vorstöße einzelner Abgeordneter, die im politischen Establishment nicht wirklich für Empörung sorgten.
So schlug der texanische Kongressabgeordneten John Carter vor, den Tauschbörsen-Aktivitäten an US-Universitäten durch Statuierung eines Exempels ein Ende machen.
"Es wäre eine gute Idee, ein paar dieser College-Kids ins Gefängnis zu werfen. Wenn man den anderen Angst einjagen will, braucht man sie nur in der Zeitung lesen lassen, dass jemand 33 Monate Zuchthaus für File-Downloads kassiert hat", meinte der Hardliner in einem Interview.
Und der Senator des Bundesstaates Utah und Vorsitzende des Rechtsausschusses des US-Senats, Orrin Hatch, sagte unlängst, dass er Technologien begrüßen würde, mit denen die Computer von Nutzern illegaler Tauschbörsen "zerstört" werden könnten.
PCs von Tauschbörsennutzern "zerstören"