"Road-Pricing" auf dem Datenhighway

31.01.2007

Die Attraktivität des Internets liegt in der Vielfalt der Inhalte, die von jedem Rechner weltweit abgerufen werden können. Doch einige Provider spielen mit dem Gedanken, von Google & Co eine Art Maut für die Datenübertragung zu verlangen oder die Ausfahrt zum Kunden zu blockieren. In Österreich soll der Wettbewerb den Vollzugriff garantieren.

Es ist das grundlegende Prinzip des gleichberechtigten Datenverkehrs im Internet: "Netzneutralität" ["network neutrality"]. Netzneutralität bedeutet, dass die Provider alle Daten in gleicher Weise übermitteln - ohne Unterscheidung woher sie kommen, welchen Inhalts sie sind oder an wen sie gehen.

Netzneutralität ermöglicht es, dass die Daten jedes kleinen Startups gleichberechtigt mit jenen Informationen transportiert werden, die von den Servern großer Konzerne kommen. Netzneutralität ist daher eine der wichtigsten Grundlagen für ein lebendiges und an Innovationen reiches Internet.

Doch gerade dieses Prinzip wird in den USA seit längerem in Frage gestellt. Große US-Telekomkonzerne erklärten, den Erfolg der großen Serviceanbieter wie Yahoo und Google vor Augen, dass diese "eigentlich für die genutzten Leitungen bezahlen sollten" und entfachten damit eine Debatte um eine mögliche Kontrolle der Netz-Inhalte.

Denn, rein technisch gesehen, könnten die Provider die Seiten jener Inhalteanbieter, die solchen "Wegzoll" verweigern, einfach blockieren bzw. deren Geschwindigkeit drosseln.

TA-Vorstand Fischer: "Wer finanziert's?"

In Österreich greift nun Telekom-Austria-Vorstand Rudolf Fischer die Diskussion in seinem Weblog auf und stellt im Hinblick auf die kommenden Milliarden-Investitionen der Telekoms in die Internet-Infrastruktur die Frage:

"Wer finanziert's, wenn die Contentindustrie und großen Aggregatoren wie Yahoo und Google versuchen ihre Schäfchen mit Werbung ins Trockene zu bringen, und davon ausgehen, dass Distribution weltweit gratis ist?"

In den USA soll die Netzneutralität nun im Gesetz verankert werden. Im ersten Anlauf im Vorjahr abgelehnt, wurde der Internet Freedom Preservation Act [besser bekannt als Net Neutrality Act] Anfang Jänner 2007 abermals eingebracht.

Kunden finanzieren Infrastruktur

Angesichts der steigenden Bandbreiten-Anforderungen multimedialer Anwendungen muss die Netz-Infrastruktur ständig erweitert werden. Google, Ebay & Co sind daher darauf angewiesen, für ihre Services die nötige Netzqualität zur Verfügung zu haben.

Der Ausbau der Infrastruktur bzw. die Umrüstung in IP-Netze schlägt weltweit mit Milliarden zu Buch, die von den Telekomkonzernen getätigt werden.

Die Telcos wiederum kassieren von ihren Kunden eine Gebühr für den Zugang zum Datenhighway und blickt man auf die Bilanzen der Konzerne, decken diese Einnahmen aus den Zugangsabos die Investitionen mehr als ab.

Doch den Erfolg der Inhalteanbieter vor Augen, werden neue Geschäftsmodelle überlegt, um an deren Gewinn mitzunaschen.

Gedankenspiele bei der Telekom Austria

In Österreich ist die Telekom Austria der größte Infrastrukurinhaber und -errichter, laut Regierungsprogramm soll die Breitbandoffensive im ländlichen Raum [insgesamt 500 Mio. Euro] allein mit 300 Millionen Euro von der TA mitfinanziert werden.

Angesichts dessen scheint man sich auch bei der TA Gedanken über eine mögliche Investitionsbeteiligung anderer zu machen.

In einer Stellungnahme gegenüber ORF.at erörtert Rudolf Fischer die Überlegungen des Marktführers zur Finanzierung der Infrastruktur unter Einbeziehung der Inhalteanbieter.

WWW-"Urvater" Tim Berners-Lee warnt vor derlei Auswüchsen. Wenn ein Anbieter von Video-Downloads dafür bezahlen würde, dass er Zugang zu bestimmten Kunden eines bestimmten Kabelnetzbetreibers bekommt, würde das Internet als solches aufhören zu existieren, so Berners-Lee.

Fehlender Wettbewerb in den USA

Natürlich beschäftige man sich auch in Österreich mit der Netzneutralität, so Kurt Einzinger, Generalsekretär des Verbands der Internet Service Provider Österreichs [ISPA] im Gespräch mit ORF.at.

Jedoch sei die Thematik primär ein US-Thema, da die Wettbewerbssituation dort nicht sehr gut sei. So gebe es in einigen Gebieten nur einen DSL- oder Kabelbetreiber mit Millionen Kunden, die keine andere Wahl hätten.

Kunden wollen keine halben Sachen

"Hierzulande gibt es derzeit genug Wettbewerb, um einen freien Zugang zu gewährleisten. Die Regulierungsbehörde und die Regierung sind dafür zuständig, dass dieser auch bestehen bleibt," so der ISPA-Generalsekretär.

"Jeder der eine Beschränkung versucht, wird auf die Nase fallen. Denn warum sollte ein Kunde zu einem Provider gehen, wo es nur das 'halbe' Internet gibt, wenn er bei einem anderen das ganze haben kann?" so Einzinger.

Der Kunde zahle schließlich für seinen Internetzugang, um alles zu bekommen und wolle nicht über sich bestimmen lassen.

"Beide Teile - Content und Infrastruktur - brauchen einander", erklärt Einzinger weiter.

(futurezone | Beate Zaussinger)