Eltern gegen Familien-Datensammlung
Der Dachverband der Elternvereine an den Pflichtschulen und die Gesellschaft Österreichischer Kinderdörfer warnen vor möglicher sozialer Stigmatisierung durch die Bildungsdokumentation. Von der SPÖ kommen Signale, die auf eine kommende Gesetzesänderung hindeuten.
In der am Montag losgebrochenen Debatte über die Zukunft der Bildungsdokumentation hat sich nun auch der Dachverband der Elternvereine an den öffentlichen Pflichtschulen zu Wort gemeldet - mit einer recht eindeutigen Forderung.
In einer Aussendung des Dachverbands wird nämlich für die Anonymisierung der Daten in der Bildungsdokumentation sowie deren Löschung nach dem Ende des Schulbesuchs plädiert.
Sozialversicherungsnummer
Elternvertreter hätten schon seit Einführung des Gesetzes Bedenken gegen die Verknüpfung der Daten mit der Sozialversicherungsnummer geäußert. Daher begrüße man die nunmehrige Überprüfung des Gesetzes.
Die Gesellschaft Österreichischer Kinderdörfer wiederum stellte klar, dass besonders Kinder aus belasteten familiären Verhältnissen vor den negativen Folgen des Zugangs zu persönlichen Daten geschützt werden müssten.
Psychotherapeutische Begleitung...
"Wenn Kinder psychotherapeutische Begleitung, Lernhilfe oder die Unterstützung der Sozialarbeit benötigen, um den Start ins Leben zu schaffen, darf dies später bei der Aufnahme in eine weiterführende Schule oder am Arbeitsplatz keine Rolle mehr spielen", schreibt Erik Hanke, Präsident der Gesellschaft Österreichische Kinderdörfer, in einer Aussendung. Von der SPÖ kamen am Dienstag auch Signale in Richtung Gesetzesänderung. SPÖ-Bildungssprecher Erwin Niederwieser verlangte, dass "die Verbindung zwischen Person und Daten gekappt werden" müsse.
...und die SPÖ
Neben einer genauen Schulstatistik mit Daten über die Zahl der Schüler, Lehrer, Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache, Klassengrößen, Zahl der Wiederholungsprüfungen etc. solle es auch ein auf Stichproben beruhendes Bildungsmonitoring geben.
Im derzeitigen Gesetz sei "die Datenlage tatsächlich ein großes Problem", meinte Niederwieser. Internationale Erfordernisse wie etwa für OECD-Statistiken würden damit nicht erfüllt, was die SPÖ auch immer kritisiert habe. Seit dem In-Kraft-Treten des Bildungsdokumentationsgesetzes 2003 gebe es auch keine vollständige Schulstatistik mehr.
Die neue Bildungsministerin Claudia Schmied [SPÖ], die mit dem Amt auch die seit fünf Jahren umstrittene Bildungsevidenz alias Bildungsdokumentation von Elisabeth Gehrer [ÖVP] geerbt hat, wird eine Expertenrunde einberufen.
Von den Schüler-Stammdaten bis zur ...
Es wäre "unerträglich", auf Grund der 60 Jahre lang gespeicherten und jederzeit abrufbaren persönlichen Daten stigmatisiert und benachteiligt zu werden, so Hanke.
Diese Bildungsevidenz, aus der eine jährliche "Bundesstatistik zum Bildungswesen in regionaler Gliederung" erstellt werden soll, ist weit mehr als eine bloße Datensammlung der Schüler.
Neben den Stammdaten wird vom Glaubensbekanntnis bis zum Skikurs, vom Betragen bis zum Förderunterricht so gut wie alles gespeichert, was an Daten vorhanden ist. Über einen aus der Sozialversicherungsnummer gebildeten, eindeutig zuordenbaren Code werden die Datensätze verknüpft.
... Bildungslaufbahn der Eltern
Und nicht nur die Daten der Schülerinnen und Schüler, denn die Bildungsdokumentation ist eigentlich eine Familiendatenbank.
Im Schüler-Datensatz enthalten sind auch Familienstand und Bildungslaufbahn der Eltern, die Anzahl der Geschwister usw.
"Von Beginn Fehlkonstruktion"
Für den grünen Bildungssprecher Dieter Brosz ist das Bildungsdokumentationsgesetz "von Beginn weg eine Fehlkonstruktion".
Während sensible Daten wie sonderpädagogischer Förderbedarf 60 Jahre gespeichert werden, würden für die Bildungsplanung wichtige Dinge überhaupt nicht abgefragt. So hätten sämtliche Anfragen der vergangenen Jahre, wie teuer eine Senkung der Klassenschülerhöchstzahl auf 25 kommen würde, nicht beantwortet werden können.
Die seit 2003 gesetzlich vorgeschriebene Bildungsstatistik, das eigentliche Ziel des gesamten Bildungsevidenz-Projekts, sei bisher überhaupt noch nicht vorgelegt worden, hieß es.
(futurezone | APA)