Justizministerin bremst Überwachungsplan

deutschland
07.02.2007

Die deutsche Justizministerin Brigitte Zypries [SPD] hat sich gegen die von Innenminister Wolfgang Schäuble [CDU] geforderten schnellen Änderungen der Strafprozessordnung zur Online-Durchsuchung von Computern verdächtiger Personen ausgesprochen.

Eine rasche Gesetzgebung für heimliche Online-Durchsuchungen stößt bei führenden Justizpolitikern der SPD auf Widerstand. "Es geht um eine rechtsstaatliche Prüfung, die dauert nun mal ihre Zeit," sagte Zypries laut "Spiegel" [Online-Ausgabe] vom Mittwoch.

"Enge Regeln"

Ein schnelles Gesetz sei im Moment nicht in Sicht. Einen Zeitrahmen nannte Zypries nicht. Sie forderte die Strafverfolger zu Erklärungen auf, "warum sie Computer online durchsuchen müssen und nicht zu den gleichen Ergebnissen kommen, wenn sie physisch in eine Wohnung gehen und die Festplatte kopieren". Nur wenn dafür triftige Gründe vorgelegt werden könnten, sei ein Gesetz überhaupt denkbar.

Die Justizministerin wies auch darauf hin, dass ein mögliches Gesetz sich an den engen Regeln orientieren müsste, die bereits für die akustische Wohnraumüberwachung gelten. So hatte das Verfassungsgericht festgelegt, dass Gespräche von Dritten oder Gespräche mit einem Anwalt in einer abgehörten Wohnung nicht aufgezeichnet werden dürften. "Natürlich gibt die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts bereits Fingerzeige, was geht und was nicht geht", sagte Zypries.

SPD-Juristen wehren sich

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen [ASJ], Harald Baumann-Hasske, wandte sich strikt gegen ein Gesetz für heimliche Online-Durchsuchungen. Er sprach von einem "infamen Ansinnen" von Schäuble. Ein derart erheblicher Eingriff in die Privatsphäre eines Menschen sei durch nichts zu rechtfertigen. Ein entsprechende Gesetz würde auch das Bundesverfassungsgericht "kassieren".

Nachdem der Bundesgerichtshof die heimliche Computer-Ausspähung durch die Polizei vor wenigen Tagen für unzulässig erklärt hatte, wollen die Innenexperten von Union und SPD so rasch wie möglich eine Rechtsgrundlage schaffen.

Ermächtigungsgrundlage fehlt

Laut BGH fehlt für derartige amtliche Hacker-Angriffe bisher eine eindeutige Ermächtigungsgrundlage im Gesetz. Demnach ist die verdeckte Online-Durchsuchung nicht durch die Vorschrift zu Hausdurchsuchungen gedeckt, weil diese laut Strafprozessordnung "offen" vorgenommen werden müssen. Die Online-Durchsuchung soll den Ermittlern zufolge Verfahren etwa gegen Islamisten erleichtern.

(APA)