EMI will auf MP3s setzen
Der weltweit drittgrößte Musikkonzern EMI verhandelt mit Online-Musikanbietern über den Verkauf seiner Musik ohne Beschränkungen durch Kopierschutzsysteme. EMI könnte damit ein Umdenken bei den Majors im Online-Musikgeschäft auslösen.
EMI, das unter anderem die Rolling Stones, Robbie Williams und Coldplay unter Vertrag hat, könnte als erster großer Musikkonzern seinen Katalog schon bald ohne Kopierschutzbeschränkungen durch Digital-Rights-Management-Systeme [DRM] im Internet anbieten.
Das Label verhandelt bereits seit vergangenem Dezember mit zahlreichen Online-Musikanbietern über den Verkauf seines Repertoires im MP3-Format, berichtet das "Wall Street Journal" unter Berufung auf unternehmensnahe Kreise.
EMI hat demnach auch Interesse MP3s über den Online-Musikanbieter Snocap auf der Social-Networking-Site MySpace zu verkaufen. Als weitere Verhandlungspartner wurden RealNetworks, MusicNet und eMusic genannt.
Apple-Chef gegen DRM
Anfang dieser Woche hatte sich Apple-Chef Steve Jobs, der mit dem iTunes Music Store den Weltmarktführer im Online-Musikgeschäft stellt, in einem Statement auf der Apple-Website gegen die Verwendung von DRM ausgesprochen: "DRM-Systeme haben nie funktioniert und werden die Musikpiraterie niemals aufhalten."
Frustrationen bei Konsumenten
EMI-Songs könnten so beliebig oft kopiert und auf fast allen erhältlichen digitalen Musik-Playern abgespielt werden. Die Majors hatten sich bisher geweigert, Musik ungeschützt im Netz zu verkaufen, um die Verbreitung ihrer Musik in Online-Tauschbörsen zu verhindern.
Da jedoch die von den unterschiedlichen Online-Musikanbietern verwendeten Kopierschutztechnologien miteinander nicht kompatibel sind, führte der Online-Musikkauf häufig zu Frustrationen bei den Konsumenten.
Formatchaos
So können etwa im iTunes Music Store gekaufte Songs, die mit der Kopierschutztechnologie FairPlay versehen sind, nur auf dem Apple-Player iPod, nicht aber auf Konkurrenzmodellen abgespielt werden.
Genauso verhält es sich mit Musik, die im kopiergeschützten Windows-Format WMA angeboten wird. Konsumenten müssen sich also bereits beim Kauf eines Musik-Players überlegen, welchen Online-Musikdienst sie nutzen wollen.
Frage des Preises
Nach Angaben der Zeitung drängt EMI auf Vorauszahlungen in Millionen-Dollar-Höhe. Die Online-Musikanbieter hätten das Ansinnen des Labels zunächst jedoch zurückgewiesen.
Unternehmensnahe Kreise wiesen jedoch auch darauf hin, dass eine endgültige Entscheidung zum MP3-Verkauf bei EMI noch nicht gefallen sei.
EMI bot bereits Singles von Lily Allen und Norah Jones über Online-Musik-Shops im MP3-Format an. "Die Ergebnisse dieser Versuche waren sehr positiv, und das Feedback der Fans fiel geradezu enthusiastisch aus", sagte eine Sprecherin des Unternehmens.
Musikkonzerne im Dilemma
Auch beim Musikkonzern Sony BMG scheint sich ein Umdenken im Online-Musikverkauf anzubahnen. Maarten Steinkaamp, der Kontinentaleuropa-Chef des Unternehmens, sagte gegenüber der "Financial Times Deutschland", dass Sony BMG die Debatte über DRM begrüße und bereits interne Optionen prüfe.
Warner-Chef Edgar Bronfman kündigte unterdessen am Donnerstag bei der Präsentation eines desaströsen Quartalsergebnisses das Festhalten des Labels an Kopierschutzbeschränkungen im Online-Musikverkauf an: "Wir werden nicht auf DRM verzichten", sagte Bronfman.
Wenig Kaufanreiz
Dass Musikfiles mit DRM-Beschränkungen wenig Kaufanreiz bieten, ergab unterdessen eine aktuelle Umfrage des "Forschungsprojekt Zukunftsmusik", das derzeit von der Universität Darmstadt in Zusammenarbeit mit Spiegel Online durchgeführt wird.
Gerade einmal sieben Prozent der Befragten gaben an, dass sie bereit sind, 99 Cent für kopiergeschützte Songs auszugeben. Dagegen würden sich mehr als 80 Prozent zum Kauf entscheiden, wenn der gleiche Titel ungeschützt angeboten wird.
~ Link: Fragen nach dem Musikmarkt der Zukunft (../http://www.fuzo-archiv.at/?id=144329v2) ~
(futurezone | Wall Street Journal | APA | AP)