Aufregung über AMS-Gesundheitsdaten

13.02.2007

Nach dem Bekanntwerden der Weitergabe von sensiblen Gesundheitsdaten durch das Arbeitsmarktservice [AMS] fordern die Oppositionsparteien klare gesetzliche Regeln für die Handhabung medizinischer Daten. Die Ärztekammer warnt erneut vor dem gläsernen Patienten.

Die Oppositionsparteien übten am Dienstag scharfe Kritik an der Weitergabe von Gesundheitsdaten Arbeitsloser durch das AMS.

"Völlig inakzeptable Vorgangsweise"

Grünen-Sozialsprecher Karl Öllinger nannte die Datenweitergabe in einer Aussendung eine "völlig inakzeptable Vorgangsweise". Medizinische Daten seien Privatsache "und haben in einem AMS-Akt absolut nichts verloren". Öllinger forderte, die "Grauzonen im Gesetz" umgehend zu beseitigen.

FPÖ-Arbeits- und -Sozialsprecher Herbert Kickl sprach in einer Aussendung von einem "Missstand, der sofort abgestellt" werden müsse. Für eine sofortige gesetzliche Korrektur plädierte auch BZÖ-Wirtschaftssprecher Veit Schalle.

Wie am Montag bekannt wurde, erhebt und speichert das AMS sensible Gesundheitsdaten von Arbeitslosen und gibt sie im Bedarfsfall weiter. Das AMS wies am Dienstag in einer Aussendung darauf hin, dass "an [potenzielle] Arbeitgeber keine medizinischen Daten weitergegeben werden".

Gesundheitsdaten würden nur an vom AMS beauftragte Betreuungseinrichtungen und nur mit Zustimmung des Betroffenen weitergegeben, so AMS-Sprecherin Beate Sprenger.

"Erst der Beginn"

Die Ärzetkammer fühlte sich auf Grund der Vorkommnisse im AMS in ihren Warnungen vor dem gläsernen Patienten durch E-Card und Elektronischen Gesundheitsakt [ELGA] "voll und ganz bestätigt", sagte Vizepräsident Johannes Steinhart in einer Aussendung.

Die Weitergabe von Gesundheitsdaten Arbeitsloser durch das AMS sei "erst der Beginn dessen, was uns allen in naher und ferner Zukunft blühen könnte", warnte Steinhart.

"Massiver Eingriff" in Vertrauensverhältnis

Obwohl ELGA noch nicht einmal in Kraft sei, würden bereits Übermittlungen höchst sensibler Gesundheitsdaten passieren, die eindeutig gegen die Interessen der Patienten gerichtet seien.

Und mit den E-Health-Projekten der nächsten Jahre - ELGA, E-Rezepten und E-Überweisungen - drohe ein "massiver Eingriff" in das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient, so Steinhart.

Der Patient müsse "der alleinige Herr über seine Daten bleiben" und die Datenverwaltung müsse in jedem Fall im Aufgabenbereich des Arztes liegen, forderte Steinhart.

Gesundheitsministerium kontert

Das Gesundheitsministerium betonte am Dienstag, dass die vom AMS erhobenen und weitergegebenen medizinischen Daten Arbeitsloser nicht aus dem Gesundheitswesen stammen.

Der Sprecher von Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky [ÖVP], Jürgen Beilein, wies deshalb auch den von der Wiener Ärztekammer hergestellten Zusammenhang zu ELGA zurück.

Gesetzliche Lage

Das AMS erläuterte in der Aussendung vom Dienstag die gesetzliche Lage: Demnach ist das AMS gemäß Par. 25 Arbeitsmarktservicegesetz berechtigt, vermittlungsrelevante - "auch medizinische" - Daten zu verarbeiten. Diese Bestimmung bestehe seit Installierung des AMS mit 1. Juli 1994.

Die vom AMS ermittelten Daten dürften an Einrichtungen, denen Aufgaben des AMS übertragen sind - zum Beispiel beauftragte Betreuungseinrichtungen - elektronisch übermittelt werden, soweit sie unabdingbare Voraussetzung für die Erfüllung der übertragenen Aufgaben sind.

"Keine Daten aus dem Gesundheitswesen"

Die Erhebung von Gesundheitsdaten durch das AMS erfolge auf Grund des AMS-Gesetzes und unterliege damit nicht der Zuständigkeit des Gesundheits-, sondern des Wirtschaftsministeriums.

Die Ärzte unterlägen der Schweigepflicht - und von Seiten der Ärzteschaft habe es "sicherlich keine Informationsweitergabe" an das AMS gegeben, sagte Beilein.

"Äpfel und Birnen"

Somit habe diese Sache nichts mit den E-Health-Vorhaben des Gesundheitsministeriums zu tun. "Die Wiener Ärztekammer vergleicht hier Äpfel mit Birnen."

Denn im Rahmen des geplanten Elektronischen Gesundheitsaktes sollen Daten ausschließlich an Gesundheitsdienstleister, also Ärzte und Spitäler, weitergegeben werden.

Dafür werde es auch ein "strenges Berechtigungsmanagement" geben. Die Datensicherheit werde bei der Umsetzung von ELGA "höchste Priorität" haben und gesetzlich sichergestellt werden, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums.

(futurezone | APA)