EU-Parlament fürchtet Wirtschaftsspionage

15.02.2007

Die unkontrollierte Weitergabe von Finanzdaten durch den Bankendienstleister SWIFT an US-Behörden birgt laut EU-Parlament die Gefahr der Wirtschaftsspionage. SWIFT solle die Datenspiegelung in den USA einstellen, fordert das EU-Parlament.

In seinem am Mittwoch verabschiedeten Entschließungsantrag nimmt das EU-Parlament nicht nur zum Fluggastdatenabkommen Stellung, auch die SWIFT-Affäre wird darin ausführlich behandelt.

Das EU-Parlament zeigt sich "besorgt darüber, dass die SWIFT [Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunications, Anm.] vier Jahre lang auf gerichtliche Anordnung hin dem amerkanischen Staat Zugang zu sämtlichen in ihrem System verarbeiteten Daten gewährt hat".

Hier sei gegen das Gemeinschaftsrecht und auch einzelstaatliches Recht verstoßen worden.

Das war nur möglich, weil SWIFT die Daten zur Sicherung in einem Datencenter in den USA gespeichert hatte.

SWIFT unterliegt EU-Recht

Als belgisches Unternehmen unterliege SWIFT aber dem belgischen Recht und damit auch der EU-Richtlinie [95/46/EG] über die Behandlung von Daten, so das Parlament.

SWIFT habe daher die Pflicht, die Parallelaufzeichnung sämtlicher Daten über EU-Bürger und EU-Unternehmen in den USA entweder einzustellen oder aus dem US-Hoheitsgebiet zu verlagern.

Warnung vor Wirtschaftsspionage

In Richtung EU-Kommission ergeht vom EU-Parlament die Warnung, dass der unbegrenzte Zugriff auf sämtliche Transaktionsdaten des Finanzverkehrs auch für Wirtschaftsspionage genutzt werden könnte.

"Das ist die Notbremse", erläutert Harald Ettl, SPÖ-Abgeordneter im EU-Parlament, gegenüber ORF.at. Seit Echelon sei das EU-Parlament gerade in Bezug auf Spionage besonders sensibilisiert.

Dabei wurden auch Daten, die nicht US-Bürger betrafen, und solche, die nicht auf US-Hoheitsgebiet erstellt wurden, von den US-Behörden abgefasst - darunter Daten aus dem europäischen Wirtschaftsraum.

Kein Schutz für Wirtschaftsdaten

Für das Parlament Besorgnis erregend ist die Tatsache, dass so europäische Firmen und Wirtschaftszweige, deren Tätigkeit nicht unter das "Safe Harbour Agreement" fällt, derzeit gezwungen werden können, US-Stellen personenbezogene Daten zur Verfügung zu stellen.

Explizit genannt werden amerikanische Zweigunternehmen von EU-Banken, Versicherungsunternehmen, Einrichtungen der sozialen Sicherheit und Anbieter von Telekommunikationsdiensten.

Kritik an EZB und EU-Rat

Es sei weiters beunruhigend, dass dieser Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und die Charta der Grundrechte sowie Verträge nicht früher durch die mit der Überwachung beauftragten zehn Zentralbanken bzw. die Europäische Zentralbank [EZB] nachdrücklich kritisiert worden sei, so das Parlament.

Kritik heimst aber auch der EU-Rat ein, der selbst Monate nach dem Bekanntwerden zu diesem Thema noch immer nicht Stellung genommen hat.

Laut EU-Parlament haben auch nur sieben der 27 Mitgliedsstaaten die von der Kommission verschickten Fragebögen beantwortet.

EZB soll SWIFT kontrollieren

Die EZB wird vom EU-Parlament, wie zuvor bereits vom Europäischen Datenschutzbeauftragten, in die Pflicht genommen, als Aufsichtsratsinstanz für SWIFT Lösungen zu suchen, die sowohl Datenschutz- als auch Vertraulichkeitsbestimmungen berücksichtigen.

Das soll allerdings nicht nur für SWIFT gelten, auch das kommende Zahlungssystem "TARGET2" solle "uneingeschränkt mit dem EU-Datenschutzrecht" in Einklang stehen, so der Antrag.

Transaktionen nur nach Gesetz

Daten von Finanztransaktionen dürften nur unter klar festgelegten Bedingungen für gerichtliche Ermittlungen verwendet werden, sowohl in der EU als auch in den USA ist im jeweiligen Recht die Empfehlung VII der Financial Action Task Force umgesetzt, meinen die Parlamentarier.

Laut Ettl wurde der Entschließungsantrag von der EU-Kommission angenommen und soll Ende Februar im Rat behandelt werden. Ziel ist, beim Gipfeltreffen EU - USA am 30. April bereits erste Verhandlungserfolge zu erzielen. Dazu erging der gesamte Entschließungsantrag auch an den US-Kongress.

Empfehlung VII besagt, dass Geldinstitute seit dem 1. Jänner 2007 bestimmte, genau angegebene Daten über Geldtransaktionen [ab 1.000 US-Dollar in der EU und ab 3.000 in den USA] erfassen und diese Daten aufheben müssen. Auf Verlangen sind diese den Behörden vorzulegen bzw. zugänglich zu machen.

(futurezone | Nadja Igler)