"Angriff auf freie Meinungsäußerung"

16.02.2007

Die Internet-Bürgerrechtsbewegung Electronic Frontier Foundation [EFF] will Nutzer der Online-Videoplattform YouTube, deren Videos nach Beschwerden von Rechteinhabern zu Unrecht entfernt wurden, unterstützen und rät zur Klage.

Vor zwei Wochen forderte der US-Medienkonzern Viacom YouTube auf, mehr als 100.000 Videoclips aus seinem Angebot zu entfernen. YouTube kam dem Begehren des Medienunternehmens, zu dem unter anderem die TV-Sender MTV, Comedy Central und Nickelodeon gehören, umstandslos nach.

Dabei wurden jedoch auch Videos entfernt, an denen Viacom gar keine Rechte hält, kritisierte die EFF.

YouTube musste in den vergangenen Monaten mehrere Tausend Clips nach Beanstandungen durch Rechteinhaber entfernen.

"Es könnten Tausende sein"

Als Beispiele für zu Unrecht entfernte Videos nannte die Internet-Bürgerrechtsbewegung unter anderem einen Trailer für eine Dokumentation des US-Regisseurs Viktor Rooke und ein Karaoke-Video aus Singapur.

Viacom hat nach Angaben der EFF zugegeben, dass sich in der an YouTube übersandten Liste rund 60 Videos befanden, an denen das Unternehmen keine Rechte hält.

Es könnten jedoch Tausende sein, vermutet die EFF. Darunter auch solche, in denen Viacom-Inhalte im Rahmen des "Fair Use" verwendet wurden.

In einem auf YouTube geposteteten Video forderte die Internet-Bürgerrechtsbewegung nun alle Betroffenen auf, sich zu melden.

EFF rät zur Klage

Das ungerechtfertige Entfernen der Videos von YouTube sei ein Angriff auf die freie Meinungsäußerung, kritisierte EFF-Anwalt Fred Lohmann. Die EFF will nun die Betroffenen dabei unterstützen, ihre Rechte einzuklagen.

Auch John Palfrey, Professor für Internet-Recht an der Harvard Law School, stellt im Zusammenhang mit der Kontroverse auf seinem Weblog die Frage nach den Rechten der betroffenen Personen: "An wen sollen sie sich wenden, wenn sie ihre Rechte verteidigen wollen? Können sie gegen Viacom Ansprüche geltend machen oder gegen YouTube?"

Nach Meinung Palfreys müsste zumindest YouTube die Videos wieder zugänglich machen und mit dem Hinweis versehen, dass sie wegen Urheberrechtsbedenken zuvor irrtümlich entfernt wurden.

Das sei jedoch rechtlich nicht ganz geklärt, schränkte der Rechtswissenschaftler ein.

"Wegen Urheheberrechtsansprüchen entfernt"

Der Filmemacher Rooke, dessen Trailer der von Viacom angeordneten Aktion zum Opfer fiel, wartete bisher vergeblich darauf, dass sein Clip wieder im YouTube-Angebot aufscheint.

Da statt des Videos jetzt der Hinweis zu sehen ist, dass der Trailer wegen Urheberrechtsansprüchen von Viacom entfernt wurde, fürchtet er auch um seinen Ruf. Er habe keine Urheberrechte verletzt und werde nun verleumdet, beklagte sich Rooke gegenüber dem US-Technologieportal CNet.

Der österreichische Filmemacher Virgil Widrich hat mit YouTube gute Erfahrungen gemacht. Ein Mitschnitt seines jüngsten Films "Fast Film" wurde auf YouTube von mehr als 47.000 Leuten gesehen. Der DVD-Verkauf schnellte daraufhin in die Höhe.

Warten auf Filtersystem

Ein Viacom-Sprecher bedauerte die fehlerhaften Angaben in der an YouTube übermittelten Liste und wies darauf hin, dass ein Filtersystem für urheberrechtlich geschützte Inhalte solche Irrtümer künftig reduzieren könnte.

YouTube hatte bereits vor Monaten die Installation eines solchen Systems angekündigt.

Die Online-Videoplattformen Grouper und Bolt setzen bereits automatisierte Filterlösungen ein, um Urheberrechtsklagen zuvorzukommen.

(futurezone | CNet)