Verschärfte Gangart gegen Musiktausch
Der Internationale Verband der Musikindustrie [IFPI] will künftig die Internet-Service-Provider [ISPs] bei Urheberrechtsverletzungen im großen Ausmaß zur Sperre von Nutzer-Accounts verpflichten. Die Provider haben jedoch kein Interesse, zum "Handlanger der Musikindustrie" zu werden.
Mitte Jänner kündigte IFPI-Chef John Kennedy bei der Präsentation des "2007 Digital Music Report" in London an, dass der Branchenverband künftig auch Internet-Provider in den Kampf gegen den nicht lizenzierten Tausch urheberrechtlich geschützter Musik im Netz verstärkt einspannen will.
Ergänzend zu Klagen gegen Tauschbörsennutzer wegen Urheberrechtsverletzungen und rechtlichen Schritten gegen Filesharing-Software-Anbieter sollen künftig die ISPs dazu gebracht werden, die Breitbandverbindungen "verdächtiger" Kunden zu kappen, kündigte Kennedy an.
Der nicht lizenzierte Musiktausch im Internet bremse das Wachstum des digitalen Musikmarktes, sagte Kennedy. Die IFPI sei fest entschlossen, weiterhin dagegen vorzugehen.
Mahn-Mails ...
In der aktuellen Ausgabe des Branchenmagazins "Five Eight" erläuterte Kennedy die Pläne der IFPI.
Die ISPs sollen nach dem Wunsch des Branchenverbandes dazu angehalten werden, Kunden, die im großen Stil Files zum Download zur Verfügung stellen, darauf hinzuweisen, dass sie ins Visier der Musikindustrie geraten sind.
... und Account-Sperre
Sollten die vermeintlichen Filesharer auch nach einer weiteren "Mahnung" durch die ISPs Musik-Files zum Download bereitstellen, so will die IFPI, dass ihnen der Internet-Zugang durch den Provider gesperrt wird. Das soll notfalls auch mit Klagen gegen die ISPs durchgesetzt werden.
Auch der Verband der US-Musikindustrie [RIAA] will die ISPs als Hilfssheriffs in die Pflicht nehmen. Diese sollen ihre Kunden frühzeitig über mögliche Klagen der Musikindustrie wegen Urheberrechtsverletzungen informieren und sie gleichzeitig auf die Möglichkeit eines "Rabatts" bei einer außergerichtlichen Einigung aufmerksam machen.
IFPI-Austria geht nicht gegen ISPs vor
In Österreich sind laut IFPI-Austria-Geschäftsführer Franz Medwenitsch derzeit keine Maßnahmen gegen Internet Service Provider geplant.
"Mit unseren Aktivitäten zielen wir darauf ab, dass die Internet-Anschlüsse zum legalen Online-Bezug von Musik verwendet werden", teilte Medwenitsch ORF.at auf Anfrage mit.
"Verpflichtung gegenüber den Kunden"
Kurt Einzinger, Generalsekretär des Verbandes der österreichischen Internet-Service-Provider [ISPA], sieht dazu auch keinen Grund. "Wir haben kein Interesse, zum Handlanger der Musikindustrie zu werden", sagte er gegenüber ORF.at.
Dass Accounts auf Aufforderung der IFPI von den Internet-Providern gesperrt werden könnten, schloss er aus. "Die Provider haben eine Verpflichtung gegenüber ihren Kunden", sagte Einzinger.
Gerade bei Urheberrechtsfragen bestehe durchaus die Möglichkeit, dass die Kunden anderer Meinung sind als die IFPI, sagte der ISPA-Chef: "Der Kunde hat ein Recht auf Vertragserfüllung."
Keine Rechtsgrundlage
Für die Sperre von Kunden-Accounts auf Wunsch der IFPI gebe es in Österreich auch keine Rechtsgrundlage, argumentierte Einzinger.
"Grundsätzlich ist eine gerichtliche Aufforderung notwendig. Der Provider darf nicht zum Richter gemacht werden", so Einzinger.
Der Provider sei dann verpflichtet, gegen Rechtsverletzungen vorzugehen, wenn diese in seinem direkten Einflussberich stattfinden, etwa wenn die Files "gehostet" werden, nicht jedoch dann, wenn die Dienstleistung aus der reinen Durchleitung bestehe.
Eine gerichtliche Aufforderung muss die IFPI auch vorweisen, um über die ISPs an den Namen von Tauschbörsennutzern zu kommen, von denen zunächst nur IP-Adressen bekannt sind. Temporär [dynamisch] vergebene IP-Adressen dürfen von den Providern jedoch derzeit laut Telekom-Gesetz nur so lange gespeichert werden, wie sie für die Abrechnung notwendig sind.
"Würden uns mehr Verständnis wünschen"
Auf die Zusammenarbeit zwischen Providern und Musikwirtschaft angesprochen, betonte Medwenitsch, dass Labels und ISPs Partner seien, "wenn es um den Aufbau eines legalen Online-Marktes für Musik geht".
"Bei der Bekämpfung von Musikpiraterie im Internet würden wir uns manchmal mehr Verständnis von den Providern erwarten", meinte Medwenitsch: Von einer echten Zusammenarbeit bei der "Pirateriebekämpfung" könne aber trotz guter Gesprächskontakte zwischen Labels und Providern nicht gesprochen werden.
Neben der Musikbranche hat auch die Film- und Videobranche mit Urheberrechtsverletzungen im Netz zu kämpfen. Bei der Präsentation der Jahresbilanz des Vereins für Anti-Piraterie [VAP] im vergangenen Jänner gab es Kritik an den heimischen Internet-Service-Providern: "Die ISPs und Telekoms sind bei der Bekämpfung der Piraterie bisher nicht wirklich in Erscheinung getreten, sie profitieren aber davon", hieß es.
(futurezone | Patrick Dax)