Hauptverband gegen zentrale Speicherung
Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger spricht sich gegen eine zentrale Speicherung von Gesundheitsdaten aus - ab 2012 soll aber der Elektronische Gesundheitsakt [ELGA] eingeführt werden. Die Ärztekammer spricht von einem "versuchten Ablenkungsmanöver".
Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger mahnt beim Elektronischen Gesundheitsakt [ELGA] zur Vorsicht. Die Gesundheitsdaten der Menschen, die damit ab 2012 für Ärzte, Krankenhäuser und andere Leistungsanbieter jederzeit per EDV zugänglich sein sollen, dürften keinesfalls zentral gespeichert werden, betonte der stellvertretende Generaldirektor des Hauptverbandes, Volker Schörghofer, am Mittwoch in einer Pressekonferenz.
Plädoyer für Index-Lösung
Er plädierte für einen "reinen Index", aus dem nur ersichtlich sei, welche Gesundheitsdaten bei welchem Arzt und in welchem Krankenhaus abrufbar sind. Nur mit Zustimmung des Patienten sollten dann von einem Arzt im Vieraugenprinzip diese Daten jeweils bei den einzelnen Ärzten und Spitälern abgerufen werden können. Als eine der großen Herausforderungen dabei nannte Schörghofer, die Frage der Berechtigung zu klären.
Zurückhaltend äußerte sich Schörghofer auch zu dem als weitere Anwendung der E-Card geplanten "Elektronischen Rezept". Der Hauptverbandsvize hält den Nutzen daraus für "relativ gering". Außerdem wollten die Menschen "einen Zettel in der Hand halten", wenn sie vom Arzt hinausgehen, um selber nachlesen zu können, welche Medikamente sie verordnet bekommen haben.
Die Verrechnung der Apotheker mit der Sozialversicherung funktioniere ohnehin elektronisch. Und wichtiger wäre nach Ansicht Schörghofers die elektronische Medikation, um zu wissen, welche Medikamente ein Patient schluckt.
"Arzneimittel-Sicherheitsgurt"
Dazu läuft derzeit ein Pilotprojekt in Salzburg, der "Arzneimittel-Sicherheitsgurt". Dabei kann man über die E-Card auf freiwilliger Basis bei jedem Kauf von Medikamenten in der Apotheke die Präparate auf Wechselwirkungen überprüfen lassen. Die Daten werden dabei nicht auf der E-Card gespeichert, sondern in einer Medikationsdatenbank in der Pharmazeutischen Gehaltskasse. Die Speicherdauer beträgt sechs Wochen.
Das Pilotprojekt mit 70 Apotheken in Salzburg soll noch bis Juni laufen und könnte dann nach Ansicht Schörghofers bis Jahresende auf alle Apotheken in ganz Österreich ausgeweitet werden. Kritik äußerte Schörghofer in diesem Zusammenhang an den Ärzten, die eine Mitarbeit daran abgelehnt hätten.
Für den Patienten bringe dieses Projekt vor allem die Sicherheit, falsche Medikationen oder Wechselwirkungen auszuschließen. Derzeit würden bis zu 3.000 Patienten jährlich aus derartigen Gründen sterben.
Zertifizierte Sicherheit
Schörghofer bekräftigte auch neuerlich die Datensicherheit der E-Card. Sowohl das Rechenzentrum als auch die Karte selbst und die Daten beim Arzt sowie deren Übermittlung seien sicher. Seit Jänner 2007 führt der Hauptverband auch Zertifizierungen der Arzt-Software-Hersteller durch. Bisher haben sechs Hersteller die Überprüfung bestanden, zwei nicht.
Bezüglich der von der Regierung geplanten Schaffung einer Höchstgrenze für die Rezeptgebühr sprach sich Schörghofer für einen Fixbetrag aus, weil das einfacher administrierbar wäre als die im Koalitionsabkommen festgehaltene Grenze von zwei Prozent des Einkommens. Der Nachteil einer solchen Deckelung der Rezeptgebühr über einen bestimmten Fixbetrag wäre allerdings, so Schörghofer, dass eine soziale Staffelung nicht möglich wäre.
Ärztekammer warnt vor Datenmissbrauch
In einer ersten Reaktion auf Schörghofers Aussagen bezeichnete Johannes Steinhart, der Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, die Datenschutzdiskussion als "versuchtes Ablenkungsmanöver". Die ELGA-Daten seien "datenschutzrechtlich ungefährlich". Die wahren Probleme lägen in der Unzuverlässigkeit der technischen Infrastruktur der E-Card sowie bei der Langzeitspeicherung der Gesundheitsdaten.
Die "wirklich wichtigen Probleme der E-Card" seien dagegen "technischer Natur". Steinhart verwies auf eine Aussendung der Ärztekammer, nach der es täglich zu 2.300 nicht näher spezifizierten technischen Pannen komme. Dass der Hauptverband die technischen Probleme bei der E-Card ignoriere, bezeichnet Steinhart als "unglaubliche Arroganz gegenüber den Betroffenen".
Steinhart verwies auch auf die kürzlich bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten bei der Weitergabe von Gesundheitsdaten beim AMS. Die ELGA bedeute, dass alle wichtigen medizinischen Daten wie Diagnosen, Behandlungen und Krankheitsverläufe lebenslang gespeichert würden. "Ein Missbrauch dieser Daten kann zur Diskriminierung von kranken Menschen führen", sagte Steinhart.
(APA | futurezone)