Gegenwind für Open XML

standards
05.03.2007

Microsofts Office-Dateiformat Open XML hat mit Einsprüchen bei der International Organization for Standardization [ISO] zu kämpfen.

Das Microsoft-kritische Weblog GrokLaw hat am Samstag die Stellungnahme der Standardisierungsorganisation ECMA zu den bisher noch nicht vollständig publizierten Einsprüchen der ISO-Mitgliedsorganisationen zur Standardisierung des von Microsoft entworfenen Dateiformats Office Open XML [ECMA 376] veröffentlicht.

Kommentare und Einsprüche

Das ECMA-Dokument mit dem Aktenzeichen TC45/2007/006 vom 28. Februar enthält Auszüge aus den Stellungnahmen der Länderorganisationen, die Bedenken gegen die allzu schnelle Standardisierung des Microsoft/ECMA-Formats angemeldet haben, sowie die Antworten der ECMA auf diese Kommentare.

Kann die ECMA die Bedenken der ISO-Mitglieder nicht zerstreuen, wird Open XML nicht nach dem schnellen, fünf Monate dauernden "Fast Track"-Verfahren zertifiziert werden können. Nachdem in den USA immer mehr Bundesstaaten Vorschriften erlassen wollen, nach denen die öffentliche Verwaltung nur noch offene standardisierte Dateiformate einsetzen darf, und auch die EU-Kommission wiederholt Druck auf Microsoft ausgeübt hat, seine proprietären Dateiformate offen zu legen, ist es für Microsoft sehr wichtig, Open XML so schnell wie möglich von der ISO zertifizieren zu lassen.

Überschneidung mit ODF-Standard

Laut dem ECMA-Dokument haben zwölf nationale Mitgliedsorganisationen der ISO-JTC1 Bedenken angemeldet, weil sich der Microsoft-Standard mit dem bereits ratifizierten ODF-Standard nach ISO 26300 überschneide. Sechs nationale Organisationen äußerten Zweifel hinsichtlich der geistigen Eigentumsrechte, die Microsoft auch nach der Standardisierung geltend machen könnte.

Darüber hinaus listet die ECMA noch eine Reihe anderer Kommentare und Einsprüche auf, darunter auch Hinweise auf "undokumentierte Legacy-Features" in Open XML, die immerhin von acht Organisationen moniert wurden. Dabei handelt es sich um wenige Tags zur Nachbildung von Formatierungen, die in älteren Office-Dokumenten vorkommen.

Die ECMA gibt zu, dass diese nicht dokumentiert wurden, weil es mittlerweile bessere Möglichkeiten gebe, sie zu beschreiben. Die ECMA weist auch darauf hin, dass es im ODF-Standard ähnliche Tags gebe, die der Abwärtskompatibilität zu älteren Open-Office-Dokumenten dienten.

Microsoft-Manager Andreas Ebert und FSFE-Sprecher Georg Greve legen im Gespräch mit ORF.at ihre Positionen im Streit um die Standardisierung von Open XML dar.

Stellungnahme zum weiteren Vorgehen

Dem Technologieanwalt und ODF-Befürworter Andy Updegrove liegen nach eigenen Angaben bereits sämtliche Kommentare der nationalen Organisationen vor. Updegrove zählt insgesamt 20 Eingaben, davon 14 ablehnend, zwei unentschlossen, drei neutral und nur eine befürwortend. Die vollständigen Dokumente sollten "kürzlich" von der ISO publiziert werden. Das zuständige Gremium Joint Technical Committee [JTC1] werde "in Kürze" den nationalen Organisationen das weitere Vorgehen bei der Standardisierung erläutern.

Die Antworten der ECMA auf die wichtigsten Einwände der nationalen Organisationen decken sich weitestgehend mit den Argumenten, die Microsoft-Manager Andreas Ebert kürzlich im Gespräch mit ORF.at vorgebracht hat. Demnach decke Open XML andere Einsatzbereiche ab als ODF und sorge für die Rückwärtskompatibilität mit den alten proprietären MS-Office-Dateiformaten.

Die Free Software Foundation Europe ist dagegen der Ansicht, dass ODF bereits alle Einsatzbereiche eines XML-basierten Office-Dateiformats abdecke und es daher gegen die Regularien der ISO verstoße, Open XML als Standard zu verabschieden.