Bundesrat bremst Polizei-Trojaner
Der deutsche Bundesrat spricht sich gegen eine rasche gesetzliche Regelung zur Online-Durchsuchung von Computern aus. Deutsche Datenschützer fordern einen Verzicht auf die Überwachungsmethode.
Der deutsche Bundesrat hat sich gegen eine rasche gesetzliche Regelung für heimliche Online-Durchsuchungen ausgesprochen. Einen entsprechenden Antrag Thüringens lehnte die Länderkammer am Freitag mehrheitlich ab.
"Es lohnt bei diesem Thema, das Nachdenken ein Stück zu verlängern", sagte Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner [SPD]. Man solle nichts "übers Knie brechen". Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll [FDP] mahnte, man müsse "mit großer Behutsamkeit und Nachdenklichkeit prüfen, wie weit man gehen kann".
Der Bundesgerichtshof [BGH] hatte das heimliche Ausspähen von Computern über das Internet durch staatliche Ermittler wegen fehlender Rechtsgrundlage Anfang Februar verboten. Seither gibt es Diskussionen, ob eine rasche Gesetzesänderung angestrebt werden soll.
Der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat mit einer Verfassungsschutznovelle im Dezember bereits sichergestellt, dass Verfassungsschützer Computer extremistischer Terroristen heimlich kontrollieren dürfen.
"Verfassungswidrig"
Zuvor hatten sich Datenschützer der Länder und des Bundes in Deutschland gegen die geplante heimliche Durchsuchung von Privatcomputern gewandt.
Dieses Vorhaben auf Bundes- und Länderebene sei verfassungswidrig, sagte der Thüringer Datenschützer Harald Stauch nach einer Konferenz mit seinen Kollegen am Freitag in Erfurt.
Sie forderten, auf die Einführung zu verzichten. Die gängigen Ermittlungstechniken reichten zur Terror- und Kriminalitätsbekämpfung aus.
"Neue Dimension der Überwachung"
Die Heimlichkeit der Online-Durchsuchung eröffne eine neue Dimension der Überwachung, sagte der Datenschutzbeauftragte des Bundes, Peter Schaar. Damit werde tief in die Privatsphäre eingegriffen.
Zudem könnten die Nachrichtendienste diese Techniken nutzen, obwohl sie noch nicht einmal das Recht hätten, Computer zu beschlagnahmen. Diese Möglichkeit stehe jedoch der Polizei in Verdachtsfällen jederzeit offen.
"Geheimdienstarbeit hin oder her - der Staat geht hier mit Methoden vor, die bisher das Geschäft von Kriminellen gewesen sind", sagte der deutsche Datenschützer Thilo Weichert vor kurzem im Gespräch mit ORF.at.
(dpa)