Milliardenklage rüttelt an Internet-Recht
Die Klage des US-Medienkonzerns Viacom gegen die Online-Videoplattform YouTube stellt zentrale Bestimmungen des US-Internet-Rechts und die Praktiken von Online-Videoanbietern in Frage. YouTube-Eigentümer Google bleibt gelassen.
"Wir sind davon überzeugt, dass YouTube die Urheberrechte respektiert, und glauben auch, dass sich die Gerichte unserer Ansicht anschließen werden", teilte ein Google-Sprecher am Dienstag in einer ersten Reaktion auf die Klage durch Viacom mit. Google werde nicht zulassen, dass die gerichtliche Auseinandersetzung das weitere Wachstum von YouTube behindere, hieß es weiter.
Viacom klagte den YouTube-Eigentümer Google am Dienstag auf eine Milliarde Dollar Schadenersatz wegen Urheberrechtsverletzungen und forderte eine einstweilige Verfügung gegen die weitere Ausstrahlung von Mitschnitten seiner Sendungen.
"Sicherer Hafen"
Das Schicksal von YouTube hängt an einer Bestimmung des Digital Millennium Copyright Act [DMCA], die Online-Diensten einen "sicheren Hafen" bieten soll.
Demnach können Internet-Unternehmen nicht für Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer verantwortlich gemacht werden, solange sie nicht lizenzierte urheberrechtlich geschützte Werke nach Hinweisen durch die Rechteinhaber entfernen und nicht von den Urheberrechtsverletzungen profitieren.
Der DMCA wurde 1998 vom damaligen US-Präsidenten Bill Clinton unterschrieben. Durch den Absatz 512 des Gesetzes, die Save Harbour Provision, sollten etwa Webhoster und Forenbetreiber vor Rechtsverletzungen ihrer User geschützt werden.
Damals nutzten rund 19 Millionen Menschen das Internet, heute tummeln sich mehr als 1,1 Milliarden Leute im Netz. Auch der explosionsartige Anstieg von Nutzern hochgeladener Inhalte war damals nicht absehbar.
YouTube verwies in der Vergangenheit immer wieder darauf, dass urheberrechtlich geschützte Werke nach Beanstandungen durch die Rechteinhaber aus dem Angebot entfernt werden.
Rechteinhaber können über "Copyright Infringement Notification" auf YouTube die Entfernung der Clips aus dem Angebot veranlassen.
Viacom wies in seiner Klage jedoch darauf hin, dass Inhalte seiner TV-Sender immer wieder auf YouTube auftauchen würden. "Wir glaube nicht, dass Google unsere Inhalte wirklich schützen will", sagte ein Viacom-Manager gegenüber dem "Wall Street Journal" und wies darauf hin, dass YouTube keine Maßnahmen ergreife, um die Veröffentlichung urheberrechtlich geschützter Videos zu verhindern.
Google hatte in den vergangenen Monaten wiederholt angekündigt, ein Filtersystem, das urheberrechtlich geschützte Inhalte identifiziert, auf YouTube installieren zu wollen, und damit auch die Geduld vieler Medienunternehmen strapaziert.
"YouTube wird es sich nicht mehr lange leisten können, nicht lizenzierte urheberrechtlich geschützte Inhalte in seinem Angebot zu haben", warnte ein Sprecher des Medienkonzerns Time Warner, der über seine Tochter AOL mit YouTube kooperiert.
Profite aus Urheberrechtsverletzungen?
Viacom berief sich in seiner Klage gegen YouTube auch darauf, dass die Online-Videoplattform mit den Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer Geld verdiene.
YouTube-Clips werden seit einiger Zeit jedoch nur noch mit Anzeigen versehen, wenn die Urheberrechte für die Videos geklärt sind. Auf Suchergebnisseiten, die auch nicht lizenzierte urheberrechtlich geschützte Clips ausweisen, scheinen sie jedoch mit Werbeeinschaltungen auf.
Schutzmaßnahmen im Gerede
Die Viacom-Klage gegen YouTube bedroht auch andere Online-Videoplattformen. Es sei schwer vorstellbar, dass sich eine Klage gegen YouTube ohne Auswirkungen auf ähnliche Unternehmen bleibe, sagte Fred von Lohmann von der Electronic Frontier Foundation [EFF] gegenüber dem "Wall Street Journal".
An eine Ende des Internet-Videobooms will dennoch niemand glauben. Auf Grund der Klage werde sicherlich keine Online-Videoplattform geschlossen, sagte ein New Yorker Analyst.
Künftig werde sich jedoch verstärkt die Frage stellen, welche Maßnahmen durch Internet-Unternehmen gesetzt werden, um die Veröffentlichung urheberrechtlich geschützer Inhalte zu verhindern, meinte Charlene Li vom Marktforschungsunternehmen Forrester Research.
Die Onlne-Videoplattform Grouper, die im vergangenen August für 65 Millionen Dollar von Sony übernommen wurde, setzt bereits seit mehreren Monaten auf eine Filterlösung.
(futurezone | CNet | Wall Street Journal | AP)