Wenig Euphorie zum CeBIT-Start 2007
Eine Woche lang wird Hannover zur weltgrößten Computermesse CeBIT wieder zum Zentrum der IT-Branche. Doch sinkende Ausstellerzahlen und das Fernbleiben von Branchenriesen wie Nokia lassen am Messekonzept zweifeln. Auch die österreichische Beteiligung ist, wie im vergangenen Jahr, äußerst gering.
Die weltgrößte Computermesse CeBIT, die am Mittwoch von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Hannover eröffnet wurde, ist weiter am Schrumpfen. Trotz eines erneuten Ausstellerrückgangs erwarten die Veranstalter der CeBIT eine Besucherzahl, die in etwa auf dem Vorjahresniveau von rund 434.000 liegt.
Erster Besuchertag ist Donnerstag. Zuvor präsentieren diverse Unternehmen bereits ihre Neuheiten und informieren über die geschäftliche Lage. Eine Woche lang stellen insgesamt 6.059 Firmen aus 77 Ländern ihre Produkte aus, nach 6.167 Unternehmen 2006.
Merkel kündigt IT-Gipfel an
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Politik und Wirtschaft erneut zu Innovationen aufgerufen. "Kurzum, wir brauchen eine Innovationsoffensive", sagte die Regierungschefin. Die deutsche Bundesregierung habe zugesichert, bis 2009 rund 15 Milliarden Euro zur Technologieförderung bereitzustellen. "Den größeren Teil jedoch muss die Wirtschaft beisteuern. Sie hat rund zwei Drittel der gesamten Forschungsleistungen in Deutschland zu erbringen", sagte Merkel.
Für Ende diesen Jahres kündigte sie ein zweites Gipfeltreffen von Politik und Wirtschaft an. Bei dem ersten IT-Gipfel hatte die Regierung zusätzliche Fördermittel insbesondere für die Forschung zugesichert.
Schwache österreichische Beteiligung
Die österreichische Beteiligung fällt mit 46 Unternehmen, viele davon auf Partnerständen vertreten, eher schwach aus. Ein Österreich-Stand war, wie schon im Vorjahr, nicht zu Stande gekommen.
"Viele der kleinen Unternehmen gehen zu den Großen dazu", erklärte Projektmanager Markus Gumplmayr, der zuständige Projektmanager der Wirtschaftskammer Österreich [WKÖ] den fehlenden Zulauf. Das Interesse an anderen Messen wie etwa der Systems in München und der Gitex in Dubai bestehe aber weiterhin. "Vor allem die Systems liegt regional und sprachlich wesentlich günstiger als die CeBIT", so Gumplmayr zu ORF.at
Die deutsche IT-Messe ist wegen der Absage von Branchenriesen wie Nokia und Motorola in heftige Turbulenzen geraten und soll ab 2008 grundlegend reformiert werden.
Die wichtigsten Trends
Zu den wichtigsten Trends der Messe zählen unter anderem mobiles Internet, Handy-TV, Telematik und Navigation, die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltungen, IT-Sicherheit, Flachbildschirme und HDTV. Ein besonderer Fokus liegt mit dem "CeBIT Forum AutoID/RFID" auf Funkchips und der berührungslosen Identifikation von Objekten, die aus Gründen des Datenschutzes als umstritten gilt.
Großankündigungen bleiben aus
Die Zeiten, als Unternehmen auf die CeBIT warteten, um Neuheiten anzukündigen, scheinen jedenfalls vorbei. Dafür besteht mittlerweile fast das ganze Jahr über Gelegenheit.
Die Mobilfunkfirmen nutzen die 3GSM in Barcelona, die PC-Hersteller die CES in Las Vegas, die Hersteller von Unterhaltungselektronik die IFA in Berlin und die Games Convention in Leipzig.
Konzept "Messe" in Frage gestellt
Dieser Meinung ist auch Alfred Harl, Obmann des Fachverbands UBIT [Unternehmensberatung und Informationstechnologie] der WKÖ: "Die immer kürzer werdenden Innovationszyklen in der Branche werfen die Frage auf, ob Messen überhaupt noch das adäquate Mittel sind, um sich zu informieren." Die wichtigsten Neuerungen würden ohnedies schon im Vorhinein bekannt gegeben.
Die UBIT sei aber mit einer eigenen Delegation und einem eigenen Stand auf der CeBIT vertreten, um ihre Themen zu präsentieren.
Im Rahmen der Klimaschutz-Diskussion tritt auch der Energieverbrauch des IT-Geräteparks wieder in den Vordergrund. Deutsche Konsumentenschützer verlangen von der Industrie einen Beitrag zum Klimaschutz. Elektronische Geräte, die keinen Ein/Aus-Schalter haben, sollten nicht mehr zugelassen werden.
Networking und Geschäftsabschlüsse
Unter den österreichischen Ausstellern finden sich neben wenigen großen Namen wie etwa der Telekom Austria, dem Siemens Biometric Center und Gericom eher kleine Unternehmen - viele davon aus dem Software-Bereich.
Das Kärntner Unternehmen Liscon etwa präsentiert Thin Clients für serverbasiertes Computing und ist heuer das erste Mal mit einem eigenen Stand auf der CeBIT vertreten. Die Messe sei wichtig, um die Position in Deutschland auszubauen, so Vertriebsleiter Dieter Pfeifer.
Liscon erwarte sich von der Teilnahme nicht nur Kontaktmöglichkeiten, sondern auch konkrete Abschlüsse. Dennoch habe die CeBIT an Attraktivität eingebüßt und müsse ihre Ausrichtung in Frage stellen.
Geldautomaten und "smarte Kleidung"
Der Linzer Geldautomaten-Entwickler Keba wird auf der CeBIT eine neue Gerätegeneration mit "Cash-Cycle-Technologien" vorstellen. Die Selbstbedienungs-Automaten, an denen man Geld ein- und auszahlen kann, werden in Deutschland bereits von der Deutschen Bank und der Commerzbank eingesetzt. Auch bei Keba erwartet man sich von der CeBIT konkrete Geschäftsabschlüsse. "Im Bankenbereich bleibt die CeBIT die wichtigste Messe", so eine Sprecherin.
Österreich ist weiters auch mit zwei Anbietern für "smarte Kleidung" vertreten. "Urban Tool" und "Lösungsmittel" verkaufen beispielsweise Kopfkissen mit integrierter Freisprecheinrichtung für das Handy und T-Shirts als Fernbedienung für den MP3-Player.
Auf der CeBIT vertreten ist mit 7iD Technologies auch ein auf RFID-Technologie spezialisiertes Systemhaus mit Hauptsitz in Graz, das sich auf RFID-Systemsoftware und die Realisierung von RFID-Anwendungen für Industrie, Handel und öffentliche Institutionen spezialisiert hat.
Die CeBIT öffnet ihre Pforten für Besucher von 15. bis 21. März von 09.00 bis 18.00 Uhr. Tageskarten kosten 38 Euro, Dauerkarten 81 Euro. Ermäßigte Tageskarten für 17 Euro gibt es für Schüler, Studenten, Auszubildende, Wehrpflichtige, Zivildienstleistende, nur gültig am 17., 18. und 21. März. Die CeBIT-Eintrittskarten gelten gleichzeitig als Fahrkarten im Großraum-Verkehr Hannover.
(futurezone | APA | dpa | Nayla Haddad)