25 Prozent Musikumsatz im Netz
Die europäische Musikindustrie steckt wegen der schwierigen wirtschaftlichen Gesamtlage und der Raubkopierer in einer Krise - zumindest wenn man den Aussagen ihrer Vertreter bei der weltgrößten Messe für Popmusik und Entertainment, Popkomm, trauen darf.
Doch die dreitägige Veranstaltung, die am Samstag in Köln zu Ende ging, machte auch deutlich, dass die Krise zu einem großen Teil den Jammernden selbst zuzuschreiben ist, weil diese es versäumt haben, auf neue Herausforderungen angemessen zu reagieren.
Bereits zur Eröffnung der Messe forderte der deutsche Wirtschaftsminister Wolfgang Clement [SPD] mehr Innovation und Kundenfreundlichkeit von der Musikwirtschaft. Die Popmusik sei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, und schon deswegen müssten die Unternehmen Neuerungen aufnehmen, statt nur darauf zu reagieren oder sie gar abzuwehren.
Es reiche eben nicht, unerwünschten Anbietern von Musik-Downloads "den Saft abzudrehen" oder die eigenen Kunden - wie in den USA - wegen des verbotenen Herunterladens von Musiktiteln massenhaft zu verklagen.
16,3 Prozent betrug in Deutschland der Umsatzrückgang bei den Tonträgern im ersten Halbjahr 2003, wie der Vorsitzende der deutschen Phonoverbände, Gerd Gebhardt, erklärte. In den vergangenen fünf Jahren habe sich der Umsatz um ein Drittel vermindert. Wenn sich die laufende Entwicklung fortsetze, werde man den geringsten Umsatz seit 13 Jahren erzielen.
Musikbranche mit Umsätzen wie 1990Ab Herbst legale Alternative
Die deutsche Musikindustrie will ab Herbst eine umfassende Plattform für legale Downloads anbieten ["PhonoLine"], auf der alle großen Labels zum ersten Mal gemeinsam ihre Musik anbieten wollen. Der Preis pro Song soll nach Informationen aus Branchenkreisen rund einen Euro betragen.
Ob man damit die Internet-User gewinnt, die bisher ihre Songs zwar illegal, aber kostenlos aus dem Web zogen, ist jedoch zumindest fraglich. Trotzdem rechnen Branchenverbände mit einem Anteil von 25 Prozent der Umsätze über das Internet in den kommenden Jahren:
"Ich wette, dass wir in fünf Jahren ein Drittel unseres Umsatzes mit Downloads machen", steckte Universal-Chef Tim Renner das Ziel sogar noch höher.
Der Medienökonom Robin Meyer-Lucht wies auf einer Popkomm-Veranstaltung darauf hin, dass Musik im Internet erst dann verkäuflich sei, wenn die Zugangsschwellen zu den kostenlosen Tauschbörsen deutlich angehoben würden.
Allerdings müsste der neue Markt erst noch unter den zahlreichen Interessenten - Plattenfirmen, aber etwa auch Hardware-Herstellern oder Anbietern von Bezahl- und Verschlüsselungssystemen - aufgeteilt werden, ehe ein funktionierendes System entstehen könne.
Legale Musik-Plattform startet im HerbstMagere Bilanz
Die letzte Popkomm in Köln verabschiedet sich unterdessen mit einer gemischten Bilanz in Richtung Berlin: Nach dem Einbruch bei den Ausstellerzahlen hat die Musikmesse auch einen großen Schwund an Fachbesuchern hinnehmen müssen.
Nach abschließender Zählung vom Sonntag kamen 10.247 Fachteilnehmer - das sind fast 30 Prozent weniger als im Vorjahr, in dem 14.553 Besucher gezählt worden waren. Allerdings ist dieser Rückgang laut den Veranstaltern durch den erstmals veranstalteten Messebereich "Popkomm.Public" ausgeglichen worden: 4.325 Musikkonsumenten kamen an den drei Tagen.
Auf Grund der Krise in der Musikindustrie kamen auf jeden Fall deutlich weniger Aussteller. 618 Firmen und Vereinigungen präsentierten sich auf der Fachmesse, im Vorjahr waren es 797 gewesen.
Auf der Site der Messe heißt es trotz dieser Zahlen: "Popkomm.2003 zieht positive Bilanz" und darunter: "Besucherzahl insgesamt stabil".
Popkomm