Spanische Konzerne blockieren Galileo
Die EU-Kommission schlägt wegen Verzögerungen und einer Kostenexplosion beim europäischen Satelliten-Navigationssystem Galileo jetzt Alarm. Der deutsche Verkehrsminister spricht sich für eine Neuausschreibung des Projekts aus.
EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot warnte vor einer Kostenexplosion und Verzögerungen beim Start des satellitengestützten Navigationssystems Galileo.
In einem Brief an die deutsche EU-Ratspräsidentschaft, das Konsortium und das EU-Parlament warf Barrot dem Konsortium Verzögerungen vor. Es habe keine Anzeichen von Fortschritt bei den Verhandlungen über eine Betreibergesellschaft gegeben.
Ferigstellung gefährdet
Das Konsortium aus europäischen Großkonzernen habe seine Ziele bis jetzt nicht erfüllt, damit sei die für 2010 geplante Fertigstellung des Projekts gefährdet. Auch zeichneten sich Kostensteigerungen ab, die möglicherweise weit über das eingeplante Budget hinausgingen.
Warum Galileo weit mehr als nur ein europäisches Prestigeobjekt ist, das dem US-System GPS Konkurrenz machen soll, zeigt der aktuelle Fall "Eurofighter" in Österreich.
Der Eurofighter und das GPS
Das von einem militärbündnisfreien EU-Mitgliedsstaat angekaufte rein europäische Fluggerät kann in der Praxis erst dann fliegen, wenn die USA die nötigen GPS-Lizenzen dafür erteilt haben.
Neben dem europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS sind auch die Deutsche Telekom, die Konzerne Alcatel, Finmeccanica, Inmarsat, TeleOp und Thales sowie die spanischen Unternehmen AENA und Hispasat beteiligt.
Die Spanier
Bis auf die Spanier hätten alle Mitglieder des Industriekonsortiums einen Vertrag zur Gründung einer Betreibergesellschaft mit verantwortlichem Ansprechpartner unterschrieben, verlautete am Freitag.
Den Spaniern gehe es offensichtlich um mehr Einfluss, denn die Regierung in Madrid verlange die Ansiedlung von zwei zusätzlichen Kontrollzentren in Spanien und erpresse damit den Rest Europas, hieß es.
Unmut in Deutschland
Der deutsche Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee [SPD] drohte unterdessen der Industrie mit einer Neuausschreibung. "So kann es auf keinen Fall weitergehen", sagte er am Freitag in Berlin. "Das wird sicher eine Alternative sein, dass man über eine Neuausschreibung nachdenkt." Das Konsortium solle eine letzte Frist bis zum 10. Mai bekommen.
Das Galileo-Projekt befinde sich in einer Krise, sagte Tiefensee. "Das ist ein alarmierender Zustand." Die EU-Kommission solle Alternativen zur Entscheidung für den EU-Verkehrsministerrat im Juni erarbeiten.
Tiefensee äußerte sich nicht zu den Informationen über eine Blockade seitens der spanischen Unternehmen. Er räumte ein, dass eine Einstimmigkeit unter den EU-Mitgliedsstaaten über ein Ultimatum und die Suche nach Alternativen für Galileo noch ein schwerer Weg würden. Zur Frage, ob einzelne Regierungen das Projekt blockieren wollten, nahm er nicht Stellung.
Drittes Kontrollzentrum
Bei den iberischen Störmanövern geht es nach Informationen aus Industriekreisen unter anderem um die Forderung nach einem dritten Kontrollzentrum in Spanien.
Bisher sind zwei Kontrollzentren für Galileo bereits in Bau, nämlich in Oberpfaffenhofen bei München sowie im italienischen Fucino. Technisch sei ein dritter Standort nicht erforderlich, hieß es in den Industriekreisen. Bereits bekannt ist, dass auch die Verteilung der Risiken zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft bei dem Projekt strittig ist.
(futurezone | Reuters | dpa)