"Wer braucht noch Plattenfirmen?"
David Byrne, ehemaliger Sänger der US-Band Talking Heads, prophezeit den Musikkonzernen ein Ausgedinge als Marketing-Vehikel für Megastars. Wegen Kopierschutzbeschränkungen im Online-Musikhandel, gesteht der Musiker, lade er Musik aus Tauschbörsen herunter.
Byrne sieht die Musikkonzerne angesichts der Veränderungen im Musikgeschäft durch das Internet auf dem Scheideweg. Musikaufnahmen würden zu Verlustbringern, sagte Byrne vergangene Woche bei einem Vortrag im Rahmen der "South by Southwest"-Konferenz [SXSW] in Austin, Texas.
Geld könne allenfalls noch mit Merchandising und Live-Konzerten verdient werden. Die Labels würden künftig auch an diesen Einnahmen mitverdienen müssen, oder sie beschränken sich auf die weltweite Vermarktung von Megastars wie Britney Spears, meinte Byrne.
Downloads überholen CDs
Bis 2012 würden digitale Downloads die Verkäufe von CDs überholen, prognostizierte Byrne.
Sobald Downloads die Norm geworden seien, würden die Vertriebskosten von Musik nahezu bei null liegen, sagte Byrne. Die Künstler hätten davon bisher jedoch nichts bemerkt, kritisierte der Musiker.
Für den Verkauf eines Album-Downloads würden sie mit rund 1,60 Dollar genau so viel bekommen wie für den Verkauf eines CD-Albums im Tonträgerhandel.
Erfolgreich ohne Label
Künstler könnten künftig auch ohne die Mithilfe der Labels überleben. Dafür gebe es bereits heute einige Beispiele.
Lediglich Newcomer würden der Hilfe der Marketing-Abteilungen bedürfen, meinte Byrne, der selbst gerade über einen Plattenvertrag verhandelt.
Die britische Band Koopa schaffte im vergangenen Jänner als erste Band ohne Plattenvertrag den Einstieg in die UK-Charts. Die Songs der Band waren ausschließlich als Download verfügbar.
Breitseite gegen DRM
Bei seinem Vortrag stieß sich Byrne auch an der Verwendung von Digital-Rights-Management-Systemen [DRM] im Online-Musikhandel.
Er selbst würde Musik bei eMusic, das ausschließlich MP3s ohne Kopierschutzbeschränkungen verkauft, oder aus Tauschbörsen beziehen, sagte Byrne.
Er wies jedoch darauf hin, dass, sobald DRM nicht mehr zum Einsatz komme, das "iTunes-Monopol" im Online-Musikhandel fallen werde und das auch den Labels mehr Spielraum beim Verkauf ihrer Musik im Internet geben werde.
Apple-Chef Steve Jobs sprach sich Anfang Februar in einem Aufsehen erregenden Statement gegen die Verwendung von DRM im Online-Musikhandel aus: "DRM-Systeme haben nie funktioniert und werden die Musikpiraterie niemals aufhalten."
"Die Musikkonzerne sind tot"
Auch eine weitere Musikindustrie-Legende meldete sich vergangene Woche zur Lage des Musikgeschäfts zu Wort, berichtet das britische Musikmagazin "NME". Malcolm McLaren, der ehemalige Manager der Punk-Band The Sex Pistols, gab sich dabei wenig zimperlich.
Die Musikkonzerne seien bereits tot, ätzte McLaren auf einem Vortrag in New York. Niemand wolle mehr CDs kaufen, da man im Internet ohnehin alles gratis bekommen könne, meinte McLaren. Künftig würden Live-Auftritte das Musikgeschäft bestimmen.
Peter Jenner, der ehemalige Manager von The Clash, sprach sich im vergangenen Herbst für die Einführung einer Pauschalabgabe für die Nutzung von Online-Tauschbörsen aus. In einer Eingabe an die Europäische Union forderte er in seiner Funktion als Generalsekretär des International Music Managers Forum [IMMF] eine Neuregelung der Musiklizenzierung.
(futurezone | Reuters | NME)