Das Handy als Ausweis und Geldbörse

20.03.2007

Mit Hilfe der Funktechnologie Near Field Communication [NFC] soll das Mobiltelefon künftig Geldbörse, Schlüsselbund und Ausweis ersetzen. Die mobilkom austria will noch heuer erste Projekte mit der "Nahfunktechnik" starten.

"Wir planen heuer Pilotprojekte, die relativ schnell umgesetzt werden können. Erste kommerzielle Dienste sind für 2008 vorgesehen", erklärte Hannes Ametsreiter, Marketingvorstand der mobilkom austria bei bei der NFC Applications Conference am Dienstag an der Fachhochschule Hagenberg in Oberösterreich.

In wenigen Wochen soll es bereits Testläufe im Nahverkehrsbereich geben. Auch der Handel sende "erste Signale". "Die sind natürlich an der schnelleren Abwicklung an den Kassen und Kosteneinsparungen interessiert", sagte Ametsreiter.

NFC wurde gemeinsam von Philips und Sony entwickelt. Die auch als "Nahfunktechnik" bezeichnete Technologie ermöglicht einen sicheren, kabellosen Datenaustausch zwischen elektronischen Geräten über Distanzen von wenigen Zentimetern - beispielsweise indem man sein Mobiltelefon in die Nähe eines Terminals hält.

Einsatzgebiete sind die Bezahlung per Handy, die Berechtigung einen Raum betreten zu dürfen oder der Ticketkauf über "Smart Poster", bei dem das Mobiltelefon nach der Zahlung zur persönlichen Eintrittskarte wird.

Neue Funktionen für das Handy

Die einfache Bezahlung sei für die Mobilkom der wichtigste Aspekt bei NFC. Großes Potenzial sieht Ametsreiter in der Möglichkeit, Guthaben online über Mobilfunk aufzuladen, um dann über NFC zu bezahlen. Die mobilkom werde jedenfalls versuchen, dem Medium Handy neue Funktionen zuzuordnen.

Neben den Mobilfunkern sind aber auch Kreditkartenunternehmen - wie beispielsweise MasterCard - an der NFC-Technologie interessiert.

Verlust "nicht so dramatisch"

Dass durch NFC neue Probleme auf die User zukommen, bestreiten Experten. "Das Handy zu verlieren ist nicht so dramatisch, da man alle Funktionen durch einen Anruf bei der Hotline sperren lassen kann. Das geht bei der Geldbörse oder beim Schlüsselbund nicht", relativierte Christoph Schaffer vom Studiengang Mobile Computing an der FH Hagenberg.

Kommunikation zwischen Geräten

"Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Kommunikation zwischen Geräten - so könnte sich der Fernseher automatisch auf den Videorekorder abstimmen oder eine Bluetooth-Verbindung aufgebaut werden", erklärte der Experte.

Noch nicht gelöst ist die Rückzahlung des Guthabens bei "versehentlichem Fehlkauf", da dadurch Sicherheitslücken entstehen könnten.

Pilotprojekt in Hagenburg

In einem Pilotprojekt an der FH Hagenberg werden derzeit erste Erfahrungen mit NFC gesammelt. Die Tester sind mit entsprechenden Handys ausgestattet und haben Zutritt zu Hörsälen, Labors, der FH-Garage sowie den Kantinen und können bei Automaten per Mobiltelefon zahlen.

"Berühren wird das neue Klicken"

"Berühren wird das neue Klicken", prognostizierte Gerhard Romen vom Handymarktführer Nokia. Da rund 85 Prozent der Mobilfunknutzer die Bedienungsanleitung nicht lesen würden, müsse die Einfachheit im Vordergrund stehen.

"NFC ist sehr intuitiv: Einmal berühren und man hat bezahlt. Dadurch könnte mittelfristig die Kreditkarte abgelöst werden", so Romen. Laut Prognosen sollen weltweit bis zum Jahr 2010 bereits 350 Millionen NFC-Handys im Einsatz sein, das entspreche einer Penetration von fast 30 Prozent.

Internationale Tests haben laut Angaben von Philips eine hohe Nutzerakzeptanz ergeben. Im deutschen Hanau wurde beispielsweise die Bezahlung in öffentlichen Verkehrsmitteln vom Probelauf direkt in den Regelbetrieb überführt.

(futurezone | APA)