EU-Bibliotheken gegen Google

wissen
22.03.2007

Die französische Nationalbibliothek eröffnet ihr zweites ehrgeiziges Online-Projekt. Auch die deutschen Bibliothekare sprechen sich für eine europäische Digitalisierungsinitiative aus.

Die französische Nationalbibilothek hat am Donnerstag die Website Europeana eröffnet. Die neue Online-Bibliothek bietet Volltextzugriff auf rund 12.000 Dokumente in französischer, ungarischer und portugiesischer Sprache. Sie entstand in Zusammenarbeit mit der ungarischen Szechenyi-Nationalbibliothek und der portugiesischen Nationalbibliothek.

Europäische Online-Bibliothek

Nach dem Willen ihrer Schöpfer soll Europeana zu einer gesamteuropäischen Online-Bibliothek mit Dokumenten aus allen Sprachgebieten des Kontinents heranwachsen. Seit 2005 versucht die französische Nationalbibliothek, der Digitalisierungsinitiative Google Book Search ein europäisches Projekt entgegenzusetzen. Bisher haben sich aber nur die Ungarn und die Portugiesen den Franzosen angeschlossen.

Google konnte aber erst kürzlich seinen ersten Erfolg auf dem deutschen Markt erringen und eine Kooperation mit der bayerischen Nationalbibliothek in München bekannt geben.

"Vielfalt sicherstellen"

"Das Projekt richtet sich nicht gegen Google", sagte Jean-Noel Jeanneney, Präsident der französischen Nationalbibliothek, "Wir wollen nur sicherstellen, dass die Vielfalt gewahrt bleibt."

1996 hatte die französische Nationalbibliothek bereits ihr Digitalisierungsprojekt Gallica für Dokumente in französischer Sprache begonnen. Mittlerweile sind dort 90.000 Werke abrufbar. Für Europeana sollen noch 2007 insgesamt 100.000 Werke digitalisiert werden.

Vorbereitungen in der Bundesrepublik

Deutschlands Bibliotheken suchen unterdessen bei der Vermarktung ihrer Dienstleistungen nach Reserven. Eine Möglichkeit sei eine Europäische Digitale Bibliothek als "Europas Antwort auf Google", teilte die Bundesvereinigung Bibliothek & Information Deutschland [BID] am Donnerstag in Leipzig mit. Darin könnten Kataloge von Bibliotheken, Museen und Archiven abgebildet und digitalisierte Bestände nutzbar gemacht werden.

Die Vorarbeiten liefen auf Hochtouren, sagte die Generaldirektorin der Deutschen Nationalbibliothek, Elisabeth Niggemann. "Wenn es uns gelingt, mit einem gemeinsamen Portal unsere Benutzer anzusprechen und unsere Dienstleistungen anzubieten, dann erfüllen wir unseren Auftrag, Kultur nicht nur zu sammeln, sondern auch den Menschen in Europa und der Welt zugänglich zu machen."

Freier Zugang zu Informationen

Zum Auftakt des Bibliothekskongresses am Montag hatte die BID die Grundsätze ihrer Arbeit und damit eine Berufsethik zur Sicherung des freien Zugangs zu Informationen vorgestellt. Mit der Veröffentlichung des "Code of Ethics" will die Organisation diesen Anspruch fixieren und die Selbstverpflichtung der Bibliothekare öffentlich bekräftigen, sagte Sprecherin Barbara Lison.

Diese Regeln würden ihre Arbeit von der anderer Informationsdienstleister unterscheiden, die ethischen Grundsätzen auf Grund ihrer Unternehmenspolitik keine Priorität einräumten. An dem Kongress in Leipzig hatten sich mehr als 2.700 Fachleute beteiligt.

(AFP | dpa | futurezone)