Details zur Oracle-Räuberpistole
Die SAP-Tochter TomorrowNow soll "vertrauliches Material" von Oracles Kundenbetreuungs-Website heruntergeladen haben. Warum das auch über abgelaufene Kunden-Accounts möglich gewesen sein könnte, ist vorläufig unklar.
Der amerikanische Software-Konzern Oracle wirft seinem Konkurrenten SAP in einer spektakulären Klage den Diebstahl geistigen Eigentums in großem Stil vor. SAP habe sich wiederholt unerlaubt Zugang zu einer Kundenbetreuungs-Website ["Customer Support System"] von Oracle verschafft und von dort "Tausende Software-Produkte" sowie anderes vertrauliches Material heruntergeladen.
Knallharter Wettbewerb
"Im Ergebnis hat SAP eine illegale Bibliothek von Oracles urheberrechtlich geschütztem Software-Code und anderem Material gesammelt", heißt es in der am Donnerstagabend in San Francisco eingereichten Klage. Oracle und SAP stehen seit Jahren in einem erbitterten Wettbewerb auf dem Markt für Unternehmenssoftware.
Oracle habe im November und Dezember 2006 eine "ungewöhnliche Download-Aktivität" auf der Website festgestellt. Über einige Kundenkonten sei sehr viel Material heruntergeladen worden. So seien allein über einen Zugang vier Tage in Folge im Schnitt 1.800 Dokumente pro Tag bezogen worden - während sich die gewöhnliche Aktivität des Kunden normalerweise auf 20 Downloads im Monat beschränkte. Kunden des Oracle-Supports dürften aber nur Dateien zu von ihnen lizenzierten Produkten herunterladen, genereller Zugriff auf das gesamte Archiv sei verboten, heißt es in der Klageschrift.
Oracle wirft SAP vor, die heruntergeladene Dokumentation dazu zu benutzen, Oracle-Kunden "zu Dumping-Preisen" Kundensupport anzubieten, um sie dann davon zu überzeugen, SAP-Produkte zu nutzen.
Abgelaufene Kundenkonten
Dabei seien Konten benutzt worden, die kurz vor dem Ablauf standen oder bereits abgelaufen seien, sowie Zugänge von Kunden, die von Oracle zu SAP gewechselt seien, behauptet der US-Konzern.
Warum von abgelaufenen Kundenkonten noch auf die, wie es in der Klageschrift heißt, "passwortgeschützten" Datenbestände zugegriffen werden konnte, bleibt vorerst das Geheimnis der Oracle-Admins.
Oracle schreibt, dass sich Mitarbeiter der SAP-Tochter TomorrowNow beispielsweise über einen Account des Oracle-Kunden Honeywell Inc. eingeloggt hätten, um die Support-Daten abzuziehen. Zwar sei zum Zugriff auf die Daten der Log-in des Kunden nötig, aber Oracle beschwert sich auch darüber, dass sich die mutmaßlichen Spione über Usernamen wie "User" und "Null" und mit Mailadressen wie test@testyomama.com identifiziert haben sollen. Das wiederum wirft einige Fragen zur Datensicherheit bei Oracle selbst auf.
Schwachstelle PeopleSoft
Die Anschuldigungen in der Klageschrift betreffen vor allem die US-Tochter SAP TomorrowNow. SAP hatte die Firma TomorrowNow 2005 gekauft. Das Unternehmen spezialisierte sich auf die Betreuung von PeopleSoft-Kunden. Oracle nennt in dem Text mehrere Fälle, in denen die unerlaubten Zugriffe von Computern von SAP TomorrowNow erfolgt sein sollen, unter anderem noch im Jänner 2007.
Als Beweis führt Oracle die eigenen Server-Logs an und behauptet, die Rechner, über die SAP TomorrowNow auf die Daten zugegriffen haben soll, hingen im Firmennetz von SAP. Damit wollen die Oracle-Anwälte eine direkte Verbindung zur deutschen Mutterfirma herstellen.
Die von Oracle identifizierten Firmen-Accounts von Honeywell und anderen Unternehmen, so schreibt das Unternehmen in der Klageschrift selbst, waren allerdings zum Zeitpunkt des Datenabzugs bereits Kunden von TomorrowNow - oder kurz davor, mit TomorrowNow einen Support-Vertrag über ihre PeopleSoft-Installationen abzuschließen.
Unterm Strich
Blendet man die Kampf- und Konkurrenzrhetorik der Klageschrift aus, bleibt am Ende der Vorwurf übrig, dass TomorrowNow mehr Support-Daten herunterlud, als es die Software-Lizenzverträge seiner Kunden zuließen.
Oracle-Chef Larry Ellison liefert sich mit SAP einen erbitterten Wettbewerb. "Wir haben eine gute Chance, im Anwendungsgeschäft SAP abzufangen und zu überholen", hatte er vor kurzem erklärt. Der US-Konzern hatte in den vergangenen drei Jahren mehr als 20 Milliarden Dollar für zwei Dutzend Software-Firmen ausgegeben, darunter die beiden großen amerikanischen Konzerne Siebel und PeopleSoft.
(dpa | futurezone)