Mehr Freiheit für James Joyce
Lawrence Lessig und das Fair Use Project haben in den USA ein wichtiges Gerichtsverfahren um die Verwendung von Zitaten in wissenschaftlichen Arbeiten gewonnen.
Wie die Universität Stanford am Donnerstag bekannt gab, konnte der auch in Kreisen der Freunde freier Software bekannte Rechtsprofessor Lessig das Verfahren gewinnen, das am 16. Juni 2006 vom Fair Use Project und der Cyberlaw Clinic im Namen der Literaturprofessorin Carol Shloss gegen den Nachlass des berühmten irischen Schriftstellers James Joyce angestrengt worden war.
Es ging dabei um das Recht von Wissenschaftlern, aus Copyright-geschütztem Material - im Rahmen der exakt für solche Fälle im US-Recht vorgesehenen Fair-Use-Bestimmungen - zu zitieren.
Schloss hatte eine Arbeit über Joyces Tochter Lucia geschrieben und dafür ausgiebig Primärquellen ausgewertet. Als der von Joyces Enkel Stephen James Joyce geführte Nachlass davon erfuhr, untersagte er der Wissenschaftlerin auf Grundlage der Copyright-Gesetze der USA, Zitate aus dem Material von James Joyce in ihrem Buch und auf ihrer Website zu veröffentlichen.
Zugriff eingeschränkt
Allerdings stecken in der Vereinbarung auch noch einige Tücken. So muss Shloss den Zugriff auf die Website mit dem Zusatzmaterial auf IP-Adressen aus den USA einschränken, auch die Erlaubnis, das Material auf Papier zu drucken, beschränkt sich auf das Territorium der Vereinigten Staaten. Außerdem darf Shloss die in der Vereinbarung erzielten Privilegien nicht auf andere übertragen.
Copyright als Waffe
Stephen James Joyce ist unter Joyce-Kennern und Literaturwissenschaftlern dafür berüchtigt, wissenschaftliche Publikationen über seinen berühmten Großvater und dessen Familie systematisch unter Einsatz juristischer Mittel zu verhindern.
So hatte der Enkel Shloss unter Klageandrohung dazu gezwungen, wichtige beweisführende Passagen aus ihrem 2003 publizierten Buchmanuskript über den Einfluss von Lucia Joyce auf das Werk ihres Vaters zu entfernen. Shloss erstellte daraufhin 2005 eine Website mit den gelöschten Passagen, die sie allerdings nur einem geschlossenen Benutzerkreis zugänglich machte. Auch gegen diese Initiative ging der Joyce-Nachlass vor und wollte verhindern, dass die Website allen Interessierten zugänglich gemacht wurde.
Ein Recht aufs Zitieren
"Ich bin hocherfreut darüber, dass es dem Stanford Fair Use Project gelungen ist, einer Wissenschaftlerin zu ermöglichen, ihre Arbeit zu tun", sagte Lessig. "Wir werden auch weiterhin Wissenschaftler vor aggressiven Copyright-Inhabern beschützen und auch andere Kreative, für deren Arbeit die Beachtung der Fair-Use-Regeln wichtig ist."
Lessig und seine Mitarbeiter an der Stanford Law School sehen in der Entscheidung des Bundesgerichts einen wichtigen Präzedenzfall, der das Recht von Wissenschaftlern auf Zitate aus Copyright-geschütztem Material absichert.
Shloss' Website mit den zitierten Materialien soll in den kommenden Tagen online gehen. Laut Agreement darf sie nur von den USA aus erreichbar sein. Der Link sei hier dennoch zu Zwecken der Dokumentation wiedergegeben.
Ein ausführlicher Artikel von D. T. Max im "New Yorker", mit allen Hintergrundinformationen.