Hoher Siemens-Manager verhaftet
Die Affäre um die Bestechung eines Betriebsrats spitzt sich zu und erreicht auch höchste Kreise des deutschen Siemens-Konzerns.
Die Affäre um dubiose Zahlungen des Technologiekonzerns Siemens an einen Arbeitnehmervertreter verschärft sich. Zentralvorstandsmitglied Johannes Feldmayer wurde am Dienstag verhaftet. Die Nürnberger Staatsanwaltschaft wirft ihm nach Angaben eines Justizsprechers Untreue vor.
Einzelheiten sollten im Tagesverlauf veröffentlicht werden. Der 50-jährige Feldmayer ist im Vorstand unter anderem für die Tochter IT Solutions and Services zuständig. Siemens teilte mit, es habe Durchsuchungen an den Standorten Nürnberg, München und Erlangen gegeben.
"Unabhängige Betriebsangehörige"
Die Festnahme stehe im Zusammenhang mit der Affäre um die Arbeitnehmervertretung AUB, erklärte ein Siemens-Sprecher. Der Konzern soll an den Gründer und Chef der "Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Betriebsangehöriger" [AUB], Wilhelm Schelsky, Millionen ohne nennenswerte Gegenleistung gezahlt haben.
Die AUB ist im Aufsichtsrat von Siemens vertreten und stellt in einem Bereich den Betriebsratschef. Sie hatte in der Vergangenheit - anders als die IG Metall - umstrittene Pläne der Konzernführung unterstützt.
Das Geld soll über Beraterfirmen des Unternehmers aus Oberfranken geflossen sein. Schelsky sitzt bereits seit Mitte Februar in Haft. Ihm werden Steuerstraftaten zur Last gelegt.
Versuch der Korruptionsbekämpfung
Siemens-Konzernchef Klaus Kleinfeld hatte erst am Montag bei einer Veranstaltung des Bundeskartellamtes erklärt, der Konzern wolle zum Vorbild in der Korruptionsbekämpfung werden. Im Umgang mit den Problemen wolle Siemens Standards für die Industrie setzen.
Die Ermittlungen um die AUB stehen nicht im Zusammenhang mit der Schmiergeldaffäre in der einstigen Kommunikationssparte Com. Hier ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft. Diese hat bei ihren Ermittlungen bisher mehr als 30 Personen vernommen. Die Untersuchung dauert an.
Die Ermittler prüfen Geldströme im Umfang von 200 Millionen Euro, Siemens selbst betrachtet 420 Millionen kritisch. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Geld von früheren Mitarbeitern und deren Komplizen aus der Firmenkasse abgezweigt und als Schmiergeld im Ausland verwendet wurde.
Bestechung in Italien
Bei einem Prozess vor dem Landgericht Darmstadt hatte ein ehemaliger Siemens-Manager und -Berater zuletzt die Bestechung von Mitarbeitern des italienischen Energiekonzerns ENEL eingeräumt. Er habe eine bei Siemens gängige Praxis fortgeführt, hatte der Angeklagte zu Protokoll gegeben.
(Reuters)