Die europäische IT-Mittelpracht
Der aktuelle Bericht der EU-Kommission zum Markt für elektronische Kommunikation bescheinigt Österreich, "nahe am Durchschnitt" in der Umsetzung der Informationsgesellschaft zu sein. Europameister ist die Republik nur bei der öffentlichen Verwaltung.
Der Österreich-spezifische Teil des aktuellen EU-Berichts "Elektronische Kommunikation in Europa - Regulierung und Märkte" für das Jahr 2006 weist Österreich als annähernd perfektes Durchschnittsland aus.
Alle Indikatoren zusammengenommen liegt Österreich im EU-Ranking der Union in der Mitte, wobei freilich nicht alle Werte nahe am EU-Durchschnitt sind. Im DSL-Bereich gab es - offenbar wegen der Inode-Übernahme [DSL] durch UPC Telekabel [Kabel-TV-Internet] - Schwierigkeiten mit der Zählung, hier wurden von Österreich bis zum Stichtag offenbar keine Daten geliefert.
DSL nur Rang 17, Breitband Platz elf
Laut Ranking bei der technischen DSL-Reichweite verglichen mit der Einwohnerzahl ist Österreich nur auf Platz Platz 17 von 25 EU-Staaten. Bei Breitband insgesamt, also inklusive der Angebote der Kabel-TV-Betreiber, sieht es besser aus - Platz elf, also in der besseren Hälfte.
Mit 69,5 Prozent über schnelle Internet-Zugänge angebundenen Unternehmen liegt Österreich erheblich hinter dem EU-25-Schnitt [74,5] auch nur auf dem 16. Platz.
Nicht überzeugte KMUs
Das ist nicht nur auf das Fehlen von Breitband auf dem Lande zurückzuführen, denn ein bestimmter, nicht angeschlossener Teil der heimischen Klein- und Mittelbetriebe liegt im Bereich des Breitband-Ausbaugebiets.
Offenbar sind noch lange nicht alle KMUs vom praktischen Nutzen einer schnelleren Internet-Anbindung als ISDN wirklich überzeugt.
Zugang kommt vor Bildung
Mit dazu beigetragen haben könnten jene Kategorien, in denen Österreich ebenfalls sehr weit hinten liegt. Bei Internet-Benutzung vom Ort der Ausbildung nur 21. Rang, Platz 24 bei der Nutzung von öffentlichen Internet-Zugängen und bei den Schulen mit Breitband [68 Prozent Anteil] nur Platz 18.
Dem gegenüber steht der sechste Platz in der Kategorie "Lehrer, die in den letzten zwölf Monaten einen Computer im Unterricht eingesetzt haben", nämlich 87,9 Prozent.
Sitzenbleiber digitale Signatur
In den Sektoren E-Commerce und E-Business gibt es für Rot-Weiß-Rot ausnahmslos Plätze bis knapp an die Medaillenränge heran, nämlich vier bis zwölf. Der Ausreißer bzw. Sitzenbleiber ist allerdings die digitale Signatur.
Mit gerade einmal 9,1 Prozent der Unternehmen, die ihre Rechnungen digital signieren oder die Digisignatur im Behördenverkehr verwenden, gibt es hier eindeutig Handlungsbedarf. Obwohl die Republik selbst erklärter Vorreiter der digitalen Signatur war, liegt sie jetzt EU-weit auf dem 22. Platz von 25.
Die Unzulänglichkeiten
Ganz offensichtlich haben sich die Unzulänglichkeiten des österreichischen Signatursystems den heimischen KMUs weit nachhaltiger eingeprägt, als es die Vorteile der digitalen Signatur vermochten.
Wer einmal probiert hat, nach erfolgreich absolvierter Prozedur zur Erlangung einer signaturfähigen Bankomatkarte, diese samt Kartenleser, PC und Treibern über verschiedene Programme jeweils zum Signieren zu bringen, kann davon ein - zumeist garstiges - Lied singen.
47 Milliarden Euro
Laut Bericht umfasste der Markt für Informations- und Kommunikationstechnologien in der Europäischen Union im vergangenen Jahr insgesamt 645 Milliarden Euro. Davon entfielen 289 Milliarden auf Festnetz- und Mobilfunktelefonie, Festnetz-Datendienste und Kabeldienste.
Der Gesamtumsatz der Branche stieg gegenüber dem Vorjahr um 2,3 Prozent. Von 2004 auf 2005 war er noch um 3,8 bis 4,7 Prozent gewachsen.
Insgesamt investierten die IKT-Unternehmen in der EU 47 Milliarden Euro. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das eine Steigerung von fünf Prozent.
Europameister in E-Verwaltung ...
Ganz vorne liegt die Republik allein im Bereich E-Government. Platz eins in der Kategorie "staatliche Internet-Services für Unternehmen", dritter beim Bürgerservice und auch sonst passable Plätze unter den ersten zehn, wäre da nicht Platz 22 bei der Signatur.
Ohne die sind höherwertige Services der Behörden für Unternehmen aber auch Bürger schlicht nicht anzubieten, was für künftige Plazierungen im EU-Ranking bedrohlich werden könnte.
... und Multimediamuffel
Zu den Stärken und Schwächen des IKT-Marktes Österreich kommen noch landestümliche Eigenheiten.
Achtbarer Platz sechs im Bereich Verbreitung von UMTS-Handys, die Plätze 22 und 24 im Bereich Multimedia, nämlich Musikdownloads, Games, Musik, sowie Internet-Radio und TV können die Anbieter mobiler Multimediadienste nicht wirklich freuen.
(futurezone | Erich Moechel)