Virus-Schreiber bleiben Phantome
Der am Freitag festgenommene Koautor des Wurms "W32.Blaster" scheint das herrschende Klischee über Virus-Urheber voll zu bestätigen: ein bleicher Teenager, der körperlichen Aktivitäten gründlich abgeneigt zu sein scheint.
Auch in den fuZo-Foren wurde der Prototyp des "kasweißen, dünnen und pickeligen Nerds" ausgemacht bzw. gemutmaßt, ob es sich am Ende um ein "Beispielfoto" handle.
Das platte Klischee trifft aber nur scheinbar zu. Zum einen handelt es sich bei dem Festgenommenen angeblich nicht um einen fanatischen Hacker, außerdem offenbart ein Blick auf die Statistik, dass sich Virus-Autoren vor allem dadurch auszeichnen, dass sie eben nicht erwischt werden, also niemand sagen kann, wie der "typische" Urheber aussieht:
Allgemein wird davon ausgegangen, dass etwa 63.000 verschiedene Viren im Internet unterwegs waren oder sind, dagegen wurden aber nur lächerlich wenige Autoren ausgeforscht und die Zahl der Verhaftungen lässt sich an einer Hand abzählen.
Dem 18-jährige Jeffrey Lee Parson wird vorgeworfen, den ursprünglichen "Blaster"-Wurm in die so genannte Variante B modifiziert zu haben, die sich ab dem 13. August weltweit rasch verbreitete. Die US-Justiz hat Anklage gegen den Verdächtigen aus einem Vorort von Minneapolis erhoben. Parson drohen bei einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft und eine Geldstrafe in Höhe von bis zu 250.000 USD.
"W32.Blaster"-Nachahmer verhaftetPhantome
Neben teilweise ungenügenden Gesetzen, die eine wirkungsvolle Verfolgung verhindern bzw. eine Bestrafung erst gar nicht vorsehen, wird das Gros der Virus-Autoren aber vor allem dadurch zu Phantomen, dass sie sich nicht erwischen lassen.
Auch spezialisierte US-Strafverfolger gestehen ein, dass ein wirklich cleverer Virus-Schreiber nur durch besonders glückliche Zufälle für die Ermittler, aber eigentlich kaum durch systematische Verfolgungsmethoden gefasst werden kann.
Und oft sind es die "gut" geschriebenen Schädlinge, die einen besonders großen Schaden anrichten und somit eine ernsthafte Verfolgung überhaupt erst auslösen. Um einen solchen Fall scheint es sich beim Urheber der "Sobig"-Würmer zu handeln, von denen zwei allein durch ihre Verbreitungswut nicht unerhebliche Schäden anrichteten.
Die Spuren, die zum "Sobig"-Urheber führen, sind offensichtlich trotz intensiver Fahndungsarbeit von Virus-Experten, dem US-Heimatschutzministerium und dem FBI immer noch vage - und könnten es durchaus auch bleiben.
Erste Spuren zu "Sobig"-AutorStraffrei und mit neuem Job
Der als Schöpfer des legendären "ILOVEYOU"-Virus verdächtigte Onel de Guzman wurde vor rund drei Jahren zwar ausgeforscht, aber wegen mangelnder Gesetze in den Philippinen strafrechtlich nicht belangt. Seine mutmaßlichen Virus-Aktivitäten brachten ihm sogar einen Job ein.
Ähnlich erging es auch ein Jahr zuvor dem Autor des verheerenden Win-CIH-Virus ["Tschernobyl"], der mangels Schaden in seiner Heimat Taiwan straffrei davonkam.
Der mutmaßliche Urheber des "Kurnikowa"-Virus bekam schließlich in seiner holländischen Heimatstadt im Rathaus einen Job.
"ILOVEYOU"-Schöpfer soll Regierungsjob bekommenDrei in Haft
Unterdessen gibt es kaum Virus-Autoren, die für ihre Urheberschaft ernsthafte strafrechtliche Konsequenzen erleiden mussten.
In den USA ist lediglich der Schöpfer des Wurms "Melissa" zu einer Haftstrafe verurteilt worden, und aus Großbritannien sind zwei Fälle bekannt.
Im Jänner wurde ein 22-jährigen Webdesigner aus Nordwales, der drei Viren geschrieben und freigesetzt hatte, zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Und bereits 1995 wurde eine weitere Haftstrafe verhängt.
USA: 20 Monate Haft für Virus-AutorKeine Statistik, kein Klischee
In allen genannten Fällen zeichnet sich nur ein Muster ab: Die Virus-Schreiber sind jung und männlich. Aber nicht einmal dieser Befund ist besonders aussagekräftig, da es sich ja um ausgeforschte Urheber handelt - bei denen, die sich nicht erwischen ließen, wäre es sogar durchaus plausibel, dass es sich um ältere, umsichtiger agierende Autoren handelt.
Und der unlängst festgenommene Teenager, der schon als "Beispielfoto" für einen Nerd gehandelt wurde, offenbart sich schließlich als "ganz normaler Teenager", der laut Aussagen seiner Freunde nicht einmal besonders viel Zeit vor dem Computer verbringt.