EU bietet USA bei Flugdaten Paroli
In der "Flugdatenaffaire", bei der die USA gegen geltendes EU-Recht den Zugriff auf Passagierdaten europäischer Fluglinien fordern und teils auch schon erhalten, zeichnet sich eine Wende ab:
Entgegen ihrer bisherigen Haltung, die zwischen Taktieren und Einlenken bestand, will die Europäische Union jetzt offensichtlich ihre Datenschutznormen offensiv durchsetzen.
Der Kommissionssprecher Reijo Kemppinen sagte am Dienstag, dass die USA die geforderten Zusagen über die eingeschränkte Verwendung der übermittelten Daten nicht geben wollten.
Da das aber in den Verhandlungen von der EU gefordert wurde, bahnt sich kurz vor der geplanten Ausweitung der Flugdatenweitergabe auf alle europäischen Fluglinien eine offene Konfrontation an.
Die USA hatten nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ein Luftfahrt-Sicherheitsgesetz verabschiedet, das die USA anfliegende Fluggesellschaften zur elektronischen Weitergabe ihrer Fluggastdaten verpflichtet. Das EU-Datenschutzrecht erlaubt die Weitergabe solcher Daten an Drittstaaten aber nur, wenn das Land einen angemessenen Schutz persönlicher Daten nachweisen kann.
EU hofft auf Einlenken der USAUSA verweigern Gebrauchsbeschränkung
Die USA verlangen den selbstständigen Zugriff auf die Buchungssystme der EU-Airlines, in denen sich die "Passenger Name Records" [PNR] befinden. Diese enthalten mehr als 40 Datenfelder zu jedem Passagier.
Im Frühjahr hatte die Kommission vier großen Fluglinien [Lufthansa, Air France, Iberia, British Airways], von denen die USA die Daten umgehend forderte, noch geraten, zu kooperieren und dabei europäisches Recht zu brechen: "Operate and violate".
In der Zwischenzeit ist vor allem hinter den Kulissen in der Sache heftig verhandelt worden, wobei eine öffentliche Diskussion von keiner Partei angestrebt wurde. Jetzt, da die Verhandlungen gescheitert sind, scheint aber zumindest die EU auch ihre Zurückhaltung aufzugeben, um den Schwarzen Peter den USA zuzuschieben:
"Die US-Seite weigert sich, den Gebrauch der Daten auf die Terrorismus-Bekämpfung zu beschränken," sagte Kemppinen am Dienstag.
Neben Namen, Geburtsdatum, Geschlecht, Wohnadresse, Telefonnummer, Zeitpunkt und Destination des Flugs sind an die 40 weitere Datenfelder betroffen, die an "Customs and Border Protection" übertragen werden müssen. E-Mail-Adresse des Passagiers, Buchungsort, Zahl der jeweils mitgeführten Gepäckstücke usw. sowie auch alle historischen Änderungen am Stammdatendatensatz [PNR] und Informationen aus den diversen Vielfliegerprogrammen müssen von den EU-Airlines geliefert werden.
EU-Buchungssystem Amadeus angezapftVerhandlungen gehen weiter
Die EU-Kommission hält aber trotz des aktuellen Stillstands den Abschluss entsprechender Absprachen weiter "für möglich und wünschenswert".
Fortschritte erhofft sich die EU nun von einem für den 22. September geplanten Brüssel-Besuch des stellvertretenden US-Ministers für Heimatschutz, Asa Hutchinson.
Dieser erfolgt allerdings nach dem anvisierten Termin für die Ausweitung der Datenweitergabe auf alle EU-Fluggesellschaften am 12. September, was die Lage nicht unbedingt einfacher machen sollte.
Binnenmarkt-Kommissar Frits Bolkestein hat für den Fall des endgültigen Scheiterns der Verhandlungen bereits im Juni eine "aufgeladene transatlantische Konfrontation mit ungewissem Ausgang" vorhergesagt.
Die österreichische Datenschutzkommission ist der Meinung, dass die Übermittlung sensibler Daten von Flugzeugpassagieren an die USA als "unverhältnismäßig" angesehen werden muss.
"Flugdaten-Weitergabe illegal"