Europol greift nach dem Internet

11.04.2007

Der heute veröffentlichte Europol-Terrorbericht 2007 warnt davor, dass in Zukunft Kommunikationsmodelle a la BitTorrent für Terrorzwecke benutzt werden könnten. Mehr Kompetenzen für Europol werden gefordert.

Anlässlich der Präsentation des Reports über "Terrorismus - Situation und Trends in der EU" hat Europol-Direktor Max-Peter Ratzel am Dienstag neue Kompetenzen in der Verbrechensbekämpfung gefordert.

Zum einen dürfe Europol gegenwärtig nur bei grenzüberschreitenden Verbrechen tätig werden, die auf Organisierte Kriminalität [OK] zurückzuführen sind. "Wir müssen in jedem Einzelfall Links zu OK-Strukturen freilegen", sagte Ratzel.

Hooligans, Serienmörder ...

Zum anderen seien Einzeltäter bisweilen in mehreren Staaten aktiv: Als Beispiele nannte der Europol-Chef Serienmörder und reisende Hooligans. Auch pornografische Aufnahmen von Kindern könnten von Einzeltätern im Internet verbreitet werden.

Und dieses Medium spielt im 44-seitigen Europol-Bericht auch eine wichtige Rolle. Während die Telefonie nicht ein einziges Mal vorkommt, ist gezählte 18 Mal vom Internet die Rede - und zwar quer durch das gesamte Dokument.

... und das Internet

In der Einleitung wird das Internet in Zusammenhang mit Rechtsextremismus erwähnt, beim Thema islamistischer Terror verdichtet sich dann die Begriffsdistribution.

"Die geringe Zahl an Verhaftungen in Zusammenhang mit der Produktion und Verteilung von Propaganda ist ein Indikator für fehlende gesetzliche Grundlagen und die Schwierigkeiten, diese Art von Fällen zu untersuchen, da die mutmaßlichen kriminellen Aktivitäten im Internet stattfinden", heißt es auf Seite 17 des Berichts.

Die Datengrundlage des Berichts

Der allerdings basiert nach Angaben in der Einleitung zu einem Gutteil auf Daten, die von der "Counter-Terrorism Task Force" im Internet auf Websites mit islamistischer Propaganda erhoben wurden.

Die Benutzung statischer Websites durch Terror-Proponenten gehe aber nun anscheinend zurück, "solche Websites sind sehr einfach durch Hacker oder Polizeikräfte abzudrehen", heißt es auf Seite 27. Terroristengruppen und ihre Unterstützer könnten zukünftig Online-Foren mit "freiem Speicherplatz" als sichereren Weg benutzen, um ihre Propaganda zu verbreiten.

Das Modell BitTorrent

Mit "Online-Foren" sind hier, wie das angeführte Beispiel zeigt, Communitys a la BitTorrent gemeint: "Da das Material über verschiedene Webserver in verschiedenen Ländern verteilt ist, wird es nachgerade unmöglich, die Inhalte aller Dateien zu blockieren."

Über El Kaida in Algerien kommt der Bericht dann zu europäischen Rechtsextremisten, die das Netz ebenso nachweislich benutzt haben wie ihre islamistischen Terrorkollegen.

In dem Fall hatten polnische Rechtsextremisten einen Antifaschisten erstochen, Name und Adresse des Opfers hatten sie angeblich aus dem Internet.

Von EU-weit 498 gezählten terroristischen Anschlägen 2006 gingen 80 Prozent auf baskische und korsische Separatisten zurück. Bei den meisten Anschlägen entstand nur geringfügiger Schaden, was nach Auffassung der Behörde von den Tätern auch so beabsichtigt war.

Nur die gescheiterten Bombenattentate auf Züge in Deutschland hätten eine große Zahl von Opfern im Visier gehabt, heißt es im TE-SAT-Bericht: "Es gab keinen erfolgreichen islamistischen Terrorangriff 2006 in Europa." [Seite 15]

Europol-Mandat anpassen

Die EU-Kommission hat bereits vorgeschlagen, das Mandat von Europol entsprechend "anzupassen". Außerdem soll die von der Polizeibehörde genutzte Datenbasis erweitert werden.

Ratzel sagte: "Wir brauchen auch Daten von privaten Einrichtungen zu Verdächtigen." Als Beispiel nannte er Hersteller von Kopiermaschinen. Deren Kundendaten könnten wichtige Aufschlüsse bei Ermittlungen gegen Fälscher liefern.

Befürchtungen, Europol wolle auch Zugriff auf individualisierte Daten wie etwa die Kundenkarteien von Supermärkten, wies der Europol-Chef zurück.

Der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble hatte im Jänner angekündigt, die EU-Ratspräsidentschaft nutzen zu wollen, um die Befugnisse der europäischen Polizeibehörde zu erweitern.

(futurezone | AP | APA)