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Der PC ist nichts für Couch-Potatos

16.04.2007

Seit Jahren versuchen Microsoft, Intel und Co. den PC als Unterhaltungszentrale im Wohnzimmer zu etablieren. Wirklich durchgesetzt hat sich der Media-PC aber nie. Für den heimischen PC-Produzenten Chilligreen war er immer ein "Freak-Produkt". Produkte wie Apple TV weisen zudem in eine andere Richtung.

Wenn man sich die aktuellen Entwicklungen auf dem Markt für digitale Unterhaltung ansieht, drängt sich der Verdacht auf, dass der PC im Wohnzimmer, trotz aller Bemühungen, eine Utopie bleibt - zumindest in seiner jetzigen Form.

Apple etwa hat keinen dezidierten Mac fürs Wohnzimmer geschaffen, sondern mit Apple TV eine Box, die "alles, was es in iTunes gibt", auf den Fernsehschirm streamt. Warum aber nicht gleich iTunes?

Bei Apple TV, laut Hersteller der "iPod fürs Wohnzimmer", bleibt iTunes auf dem Rechner genauso wie die mangels ausreichender Festplatte grundsätzliche Speicherung und Verwaltung der Daten dem Desktop-Mac vorbehalten, Hacks hin oder her.

Selbst Microsoft ist mittlerweile von der Strategie abgerückt, den PC direkt an den Fernseher zu hängen, und bewirbt seine Spielekonsole Xbox 360 als Gegenstück zu Apple TV als TV-Extender.

Hehre Ziele, viele Ansätze

Dabei wurde viel versucht. Die PC-Hersteller schufen eigens den Media-PC, der meist als Hi-Fi-Komponenten verkleidet wurde, um sich möglichst unauffällig in das Wohnzimmerambiente einzufügen.

Microsoft stellte mit der Windows XP Media Center Edition [MCE] ein Betriebssystem mit den passenden Funktionen bereit. Die großen Chiphersteller AMD und Intel schufen mit AMD Live bzw. Intel Viiv jeweils Plattformen für "wohnzimmertaugliche" PCs.

"Ein Freak-Produkt"

Doch keiner dieser Ansätze hat den Sprung ins Wohnzimmer wirklich geschafft: "Der Schritt war wichtig, doch die Kunden haben uns nie die Tür eingerannt", sagte Valentin Trummer, Marketingleiter des heimischen PC-Herstellers Chilligreen, gegenüber ORF.at.

Der letzte Media-PC von Chilligreen wurde vor einem Jahr abverkauft. Die Serie werde nicht mehr weitergeführt, so Trummer. "Für uns war er immer ein Freak-Produkt."

Microsoft sieht das anders

Diametral anders sieht man das naturgemäß bei Microsoft: "Wir erleben vielmehr den gegenteiligen Effekt", so der Sprecher von Microsoft Österreich, Thomas Lutz, gegenüber ORF.at.

Zwar habe XP MCE als eigene Edition nicht die breite Masse gefunden, doch mit Windows Vista werde Fernsehen am PC zur "Selbstverständlichkeit".

Ab Windows Vista Home Premium werde zudem jeder Rechner zum Media-PC [die passende Konfiguration vorausgesetzt, Anm.]. "Den Formfaktor überlassen wir anderen", so Lutz.

Das stimmt zwar, schließlich baut Microsoft selbst keine Computer, allerdings machte der Konzern doch recht detaillierte Vorschriften, was ein MCE-PC mit sich bringen muss, um sich als solcher auch deklarieren zu dürfen.

Hewlett-Packard gibt nicht auf

Den hat man auch bei Hewlett-Packard [HP] noch nicht gefunden, selbst wenn man dort den Tod des Media-PC vehement verneint: "Der Markt muss geschaffen werden", so Christian Müller, HP-Produktmanager für Consumer-Products.

Zwar wurde gerade in den USA HPs Media-PC-Linie Digital Entertainment Center, die es nach dem Testmarkt Frankreich nie nach ganz Europa geschafft hat, eingestellt, doch der Idee bleibe man treu, sagt Müller.

Schließlich würden 40 Prozent der hauseigenen Pavillion-Desktop-Serie A als dezidierte Medien-PCs verkauft.

Die Frage, wo diese im Anschluss landen, nämlich im Wohnzimmer oder doch wieder im Arbeitsbereich, konnte Müller allerdings nicht beantworten.

HPs Touchsmart-PC soll derzeit in den USA und Großbritannien als "Livingroom PC" Furore machen. Allerdings wird hier der Monitor als Touch-Screen gleich mitgeliefert - "ideal fürs Wochenendhaus oder die Küche", meint Müller.

Aktiv oder faul?

Natürlich gibt es sie, die "Early Adopters", die sich für mitunter viel Geld einen Rechner ins Wohnzimmer gestellt haben und vom Sofa aus surfen, E-Mails verschicken und fernsehen. Sie argumentieren: "Der Media-PC ist nicht tot, er ist nur zu früh aufgeschlagen."

Vielleicht aber verbinden einfach zu viele Leute mit dem PC schlicht Arbeit, vor allem aber Aktivität, was dem Couch-Potato-Modus vor dem Fernseher diametral entgegensteht. Noch. Denn über Umwege, etwa Spielekonsolen, zieht so oder so immer mehr High-Tech ins Wohnzimmer ein. Und dann ist endgültig Schluss mit dem faulen Rumliegen.

(futurezone | Nadja Igler)