Funkchips kommen in Mode

13.04.2007

Die Telekom Austria erweitert ihr Geschäftsfeld und bietet nun RFID-Lösungen für Lager- und Handelslogistik an. Als Erstes soll die Modewelt "getagged" werden. Benetton scheiterte vor einigen Jahren bei der Einführung von Smarttags.

Nach den Reisepässen sollen RFID-Chips nun auch die heimische Modewelt erobern - mit Hilfe der Telekom Austria [TA]. Am Donnerstag stellte die TA dazu ihre "RFID Managed Service Plattform" vor, mit einer eigenen Lösung für die Textilindustrie.

Kleidung wird "getagged"

Dabei werden Kleider mit "Hang Tags" ausgestattet. Diese Hang Tags beinhalten einen winzigen Chip, der über eine ebenfalls integrierte Antenne berührungslos ausgelesen werden kann.

Auf dem Chip können neben dem Electronic Product Code [EPC], einer eindeutigen Serialisierungsnummer, weitere Infos zum Produkt gespeichert werden.

Die Industrie erwartet sich durch RFID vor allem Einsparungen bzw. Vorteile in der Produktion und Lagerhaltung. RFID-Chips sollen auf lange Sicht den Strichcode ablösen, der händisch eingescannt werden muss.

Aber auch Künstler nutzen die Tags für ihre Experimente und unterlaufen die Rationalisierungsbestrebungen der Wirtschaft mit nihilistischen Aktionen.

Benetton und der Datenschutz

Ein ähnliches Projekt der italienischen Modekette Benetton vor ein paar Jahren war am Widerstand von Datenschützern gescheitert. Benetton wollte damals RFID-Tags in seine Etiketten einnähen und so fix im Kleidungsstück verankern.

Damit wäre der Totalüberwachung theoretisch Tür und Tor geöffnet: Ein Lesegerät in jedem Shop, optimal beim Eingang positioniert, könnte den Verkäufern sofort verraten, ob der Kunde Ware von Benetton trägt, aus welcher Saison sie stammt und in welchem Geschäft er sie gekauft hat - vorausgesetzt, die Daten auf dem Chip werden nicht gelöscht.

Überwachung oder Service?

Die von der TA präsentierten Tags sind zwar entfernbar, weil wie ein Preisschild am Kleidungssstück befestigt. Überwachungsfantasien kommen aber dennoch auf, wenn man sich das Gegenstück fürs Geschäftslokal näher ansieht: Ein Auslesegerät liefert dem Kunden bei Annäherung nähere Infos zum gewünschten Kleidungsstück, etwa wie das Kleid zu tragen oder ob es auch in anderen Farben/Größen lieferbar ist.

Möglich wäre auch, dem Kunden über das Gerät gleich weitere passende Kleidungsstücke ans Herz zu legen, führte der zuständige Leiter der TA Business Solutions, Anton Steinringer, aus.

Mit zwei internationalen Modeketten sei die TA bereits in Verhandlung, so Steinringer auf Nachfrage von ORF.at, und eine entsprechende Ankündigung in den nächsten Tagen zu erwarten. Auch mit der Pharma- und Getränkeindustrie gebe es Gespräche.

Preisverfall der Chips

"Das ist eine epochale Entwicklung", so Steinringer bei der Präsentation. Zweck des TA-Angebots sei, dem Kunden mit dem TA RFID Tracer eine vollständige und nachvollziehbare Dokumentation über die gesamte Warenmanipulation, von der Produktion bis hin zum Verkauf, liefern zu können.

Möglich geworden sei das erst durch den Preisverfall der RFID-Chips, die laut Consulter Helmut Gilbert [GCD-Consulting] derzeit unter 15 Cent kosten.

RFID galore

Denn die RFID-Tags werden nicht wiederverwendet, sondern beim Kauf entfernt und vernichtet, erläutert Dominik Berger von RF-iT Solutions aus Graz, die die Software dafür liefern.

In Zukunft könnte es aber auch anders laufen, was die TA selbst nicht ausschließt: So könnten RFID-Tags etwa direkt in Schuhsohlen integriert werden, um sie vor Plagiaten bzw. Diebstahl zu schützen. Bisher gebe es dafür noch keine Nachfrage, so Gilbert gegenüber ORF.at. Er sei sich aber sicher, dass das in fünf Jahren anders sei.

Der Schuhhändler Reno will seine Ware mittels RFID-Chips europaweit vor Diebstahl schützen. Beim Verkauf der Produkte sollen die Funkchips deaktiviert werden.

(futurezone | Nadja Igler)