Was Google mit DoubleClick anfängt
Die am Freitag angekündigte Übernahme des Online-Vermarkters DoubleClick durch Google sorgt in der Branche für einige Diskussionen. Konkurrent Microsoft warnt vor einem Google-Monopol, die heimische Werbebranche erwartet keine großen Auswirkungen auf den österreichischen Markt.
So mancher wundert sich über denn Kaufpreis von 3,1 Mrd. Dollar, immerhin war vor zwei Wochen noch ein Verkaufswert von zwei Mrd. Dollar kolportiert worden, der vielen [unter anderem auch Konkurrent Microsoft] schon zu hoch erschien.
Der derzeitige Besitzer, die Kapitalgesellschaft Hellman & Friedman, soll dem Vernehmen nach 2005 rund 335 Millionen Dollar für DoubleClick bezahlt haben.
Nach Text nun Banner und Videos
Was hat also DoubleClick, was Google unbedingt will? In erster Linie ein florierendes Werbegeschäft für so genannte Display-Ads, also grafische Anzeigen wie Banner und Videos, mit denen meist eher Marken und Images beworben werden sollen, als unmittelbare Erträge zu generieren.
Zudem hält DoubleClick gute Beziehungen zu den meisten Online-Vermarktern und -Werbeagenturen in den USA und versorgt Riesenportale wie Time Warners AOL und News Corps MySpace mit Anzeigen. Das Unternehmen kann Google außerdem AdServer-Dienste für Webseiten anbieten. Bisher macht der Marktführer das nur für die Anzeigen, die das Unternehmen auch selbst verkauft.
DoubleClick hat gute Beziehungen
Google hingegen hat seine Werbemilliarden bisher vor allem mit kleinen, auf die Suchergebnisse bezogenen Textanzeigen gemacht - meist für relativ kleine Unternehmen. Die so genannten Branding-Aufträge lassen sich aber leichter über Kundenkontakt und persönliche Beziehungen aufbauen - die sich Google nun über DoubleClick erhofft - als über automatisierte Plattformen.
Zwar ist der Markt für Display-Werbung noch nicht so umsatzträchtig, wie etwa für bezahlte Suchergebnisse. Wenn Display-Werbung künftig aber zielgerichteter wird, sehen Analysten die Wachstumsraten in diesem Bereich kräftig steigen und das Potential, Werbedollars vom TV-Markt "herüberzuholen".
Google-Chef Eric Schmidt sagte bei einer Telefonkonferenz, das Unternehmen habe schon "sehr lange" über den Zukauf nachgedacht, der bis Ende des Jahres abgeschlossen werden soll.
Google wird allmächtig
Googles Einstieg in die klassische Online-Werbung lässt auch die heimische Branche nicht kalt. Mit "gemischten Gefühlen" sieht etwa Susanne Kristek, Leiterin der Online-Unit der PanMedia Western Initiative, die Übernahme. "Google hat sich da eine Macht erkauft, die immens ist", so Kristek auf Anfrage von ORF.at.
Kurzfristig sehe sie keine Ausirkungen auf den heimischen Markt, der sich zwischen Medien und Vermarktern eingependelt habe. Die Eröffnung einer eigenen Google-Niederlassung im vergangenen Herbst habe das Suchmaschinengeschäft in Österreich erst richtig losgetreten. Der nächste Schritt werde sich nun zeigen.
Auktionen auch für Display-Ads?
Googles Einstieg in die klassische Online-Werbung könnte auch einige Regeln auf dem Markt umschreiben. So wären etwa Auswirkungen auf die Zahlungsmethoden möglich, wie etwa die Einführung des im Suchbereich gängigen Auktionsmodells für die klassische Online-Werbung.
Kristek kann dem nicht viel abgewinnen: "Das würde bedeuten, dass der, der mehr zahlt, besser dran ist. Das ist vor allem für kleine Unternehmen nicht fair."
Auswirkung auf Preispolitik möglich
Auch Alexander Mühr, Client Service Director bei der Kreativagentur DRAFTFCBi, glaubt nicht, dass sich in Österreich ad hoc etwas ändern wird: "Die Frage ist aber, wie Google von der Preisgestaltung her reagiert."
Für die Vermarkter sehe er das Problem, dass ein Monopolist noch stärker werde. Interessant sei, ob in Österreich eine ähnliche Akquisitionsstrategie geplant sei.
Microsoft beklagt Monopolstellung
Google ist laut dem Marktforschungsunternehmen eMarketer mit einem Anteil von 32 Prozent der weltweite Marktführer beim Anzeigengeschäft im Internet.
Vertreter von Microsoft und AT&T warnten am Sonntag vor einer Einschränkung des Wettbewerbs bei Internet-Werbung. Manager mehrerer Unternehmen hätten am Telefon beraten, wie man die US-Kartellbehörden zu einer harten Prüfung des DoubleClick-Kaufs bewegen könnte, berichtete das "Wall Street Journal".
Laut Microsoft-Chefjurist Brad Smith würden Google und DoubleClick zusammen mehr als 80 Prozent der Werbung umschlagen, die ein Internet-Nutzer sieht, wenn er eine Website ansteuert.
Radio-Deal in den USA
Google scheint unterdessen alles daran zu setzen, sein Werbegeschäft weiter auszubauen: Google werde künftig für über 675 lokale und nationale Radiosender in den USA Werbespots vermarkten, teilte das Unternehmen am Montag mit.
Der Vertrag mit dem Betreiber der Rundfunksender, dem Medienunternehmen Clear Channel, läuft demnach mehrere Jahre und sieht vor, dass Google den Sendern eine bestimmte Anzahl von 30-Sekunden-Werbespots garantiert.
Anzeigenkunden können ihre Spots über den Internet-Dienst Google Audio in Auftrag geben und dabei Zielgruppe, Sendezeit und Region aussuchen. Clear Channel rechnet dadurch mit höheren Werbeeinnahmen. Angaben zum Wert des Vertrags machten die Unternehmen nicht.
Auch Print und TV im Visier
Seit kurzem versucht das Internet-Unternehmen, auch im Anzeigenmarkt der klassischen Medien Fuß zu fassen. So schloss Google Vereinbarungen mit 50 großen US-Zeitungen über die Vermarktung von Anzeigen, richtete den Dienst Google Audio für die Vermarktung von Radio-Werbespots ein.
Derzeit testet der Internet-Konzern zusammen mit lokalen US-Fernsehsendern einen Internet-Dienst für TV-Werbespots.
Mehr Google-Content
Spekuliert wird auch darüber, dass Google als nächstes sein Content-Angebot ausbauen könnte, um seine Werbungen platzieren zu können. Für die Suchseiten ist Display-Werbung zwar weniger geeignet. Denkbar wäre aber etwa der Ausbau von Google News, über den auch Content-Deals mit Nachrichtenagenturen in letzter Zeit spekulieren ließen.
Weitere Übernahmen möglich
Oder Google greift einmal mehr in die prall gefüllte Portokasse und geht weiter auf Einkaufstour im Medienbusiness.
Experten vermuten auch, Googles Konkurrenten könnten nun bei ähnliche Firmen wie DoubleClick zuschlagen. An der Technologiebörse NASDAQ legten nach der DoubleClick-Übernahme auch zahlreiche andere Titel der Branche zu.
(futurezone | BusinessWeek | AFP | Nayla Haddad)