Roboter für die Digitalisierung Österreichs
Spricht man von Bücher-Digitalisierung im großen Stil, denkt man automatisch an Großprojekte von Google und Co. Doch auch hier zu Lande wird an der elektronischen Verfügbarkeit heimischer Werke gearbeitet - ein Scan-Roboter soll diese Arbeit künftig vereinfachen.
Die Digitalisierung des europäischen Kulturerbes und der Aufbau einer digitalen EU-Bibliothek sind der EU ein großes Anliegen. Bis Ende 2008 sollen zwei Millionen Bücher, Filme, Fotos und Manuskripte im Netz zur Verfügung stehen.
Diese Europäische Digitale Bibliothek entsteht vor dem Hintergrund der Digitalisierungsanstrengungen der US-Suchmaschine Google, die derzeit in großem Rahmen Bücher u. a. aus fünf führenden englischsprachigen Bibliotheken digitalisiert.
Plattform austrian literature online
In Österreich gibt es in Sachen Bücherdigitalisierung mit der Plattform austrian literature online [alo] eine Initiative, die bereits über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist.
Tausende Objekte vom 11. bis zum 21. Jahrhundert wurden dabei in den vergangenen Jahren von der Universitätsbibliothek [UB] Graz, der Nationalbibliothek, dem Institut Integriert Studieren der Universität Linz und anderen Institutionen in Zusammenarbeit mit der UB Innsbruck online zugänglich gemacht.
Relaunch zum sechsten Geburtstag
Anlässlich ihres sechsjährigen Bestehens präsentierte sich die Plattform am Dienstag bei der Veranstaltung "Digitalisierung XXL - Auch in Österreichs Bibliotheken" im neuen Gewand und mit zahlreichen neuen Features.
Neben "alo neu" wurde auch das Projekt "Digitalisierung on Demand" vorgestellt, das im März gestartet ist. Hier bieten zunächst die Unis Wien, Graz und Innsbruck urheberrechtsfreie Werke aus ihren Bibliotheken online "on Demand" an. Insgesamt 13 Bibliotheken in der EU schließen sich demnächst an. Der Preis pro Buch liegt dabei zwischen 30 und 70 Euro.
Erstmals Volltextsuche möglich
Alo biete laut Günter Mühlberger, Leiter der Abteilung für Digitalisierung und elektronische Archivierung [DEA] an der Uni Innsbruck, nun erstmals die Möglichkeit einer Volltextsuche in Österreich und damit verbesserte Zugänglichkeit.
Neu sei außerdem die Benutzer- und Rechteverwaltung sowie die Einbindung der Nutzer über Kommentare und die Möglichkeit der Textverbesserung.
Web 2.0 und Open Access
Zum Hype um Web 2.0 meint Mühlberger: "Die Nutzer stellen eine unglaubliche Ressource dar, die es zu nutzen gilt." Künftig seien etwa auch Tagging-Funktionen und ein RSS-Feed denkbar, der über die Verfügbarkeit neuer Werke informiert.
Auf alo finden sich zum Großteil urheberrechtsfreie Werke, die auch kein neues Copyright aufgedrückt bekommen. "Wir haben eine liberale Haltung und unterstützen die Open-Access-Bewegung", erklärt Mühlberger im Gespräch mit ORF.at.
Scan-Roboter erleichtert Arbeit
Insgesamt rund eine Million Seiten seien bisher händisch und mit Hilfe von Dokumentenscannern eingelesen worden.
Für die Zukunft habe man sich vorgenommen, dem Angebot rund 5.000 Bücher im Jahr hinzuzufügen - diese Arbeit werde mit dem in Österreich entwickelten ScanRobot der Firma Treventus möglich. Problematisch sei aber, dass in Österreich wenig Geld für die Digitalisierung bereit gestellt werde, bedauert Mühlberger.
Neu auf alo ist auch die Möglichkeit, Werke on Demand auszudrucken. Dafür werde es demnächst auch eine Kooperation mit dem Online-Buchhändler Amazon geben.
ScanRobot macht Scannen billiger
Der ScanRobot scannt etwa 40 Seiten pro Minute und ist vor allem für gebundene Dokumente optimiert.
Laut Treventus zeichnet sich der Bot vor allem durch die verzerrungsfreie Digitalisierung und schonende Buchbehandlung aus, zudem würden die Gesamtkosten für Digitalisierungsarbeiten durch den ScanRobot um rund 75 Prozent reduziert.
Das Buch wird dabei in eine Buchwiege eingelegt, über die Erzeugung von Unterdruck wird jeweils eine Seite hochgezogen und beidseitig eingescannt, das Umblättern erledigt ein Luftstoß.
Passende Software entwickelt
Die Herausforderung an dem Projekt sei vor allem die Installation eines Workflows gewesen, erklärt Stephan Tratter, Sales Manager von Treventus. Neben der Hardware sei mit ScanGate auch eine Verwaltungssoftware entwickelt worden, die den Aufwand der einzelnen Arbeitsschritte reduziere.
Google als potenzieller Kunde?
Der Scan-Robot, für den seine Entwickler heuer den IT-Nobelpreis der EU erhalten haben, soll im Sommer 2007 erstmals kommerziell verfügbar sein. Erste Abnehmer sind die Universitätsbibliothek Innsbruck und die Bayerische Staatsbibliothek München.
Aber auch Google wäre durchaus ein potenzieller Kunde für den Scan-Roboter, wie Tratter bestätigt. "Google hält sich bedeckt über seine Digitalisierungs-Methoden", erklärt er. Die Qualität der Scans deute aber darauf hin, dass die Dokumente noch manuell umgeblättert würden. "Jetzt warten wir den Sommer und die Serienproduktion ab, dann werden wir uns sicher in diese Richtung engagieren", verriet Tratter im Rahmen der Veranstaltung.
Bereits 2005 wurde für den vollautomatischen Buchscanner ein Patent eingereicht, 2006 schließlich die Treventus Mechatronics GmbH als Spin-off der Technischen Universität Wien gegründet.
(futurezone | Nayla Haddad)