Web 2.0: Hype versus Realität

18.04.2007

Der Hype um Web 2.0 ist ungebrochen - jeder will Teil des "neuen" Mitmach-Web sein. Die Realität sieht jedoch anders aus: Nur ein Bruchteil der Nutzer von YouTube und Co beteiligt sich wirklich aktiv an den Portalen - und viele wissen immer noch nicht, was der Begriff eigentlich bedeutet.

Ungeachtet des Hypes um Web 2.0 und seine wichtigsten vertreter YouTube, MySpace, Flickr und Co bleibt die Zahl der aktiven Teilnehmer einer Studie zufolge sehr klein.

Lediglich 0,16 Prozent der Besucher auf der beliebten Google-Videoseite YouTube stellten dort ihre eigenen Videos zur Schau, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Internet-Marktforschers Hitwise.

Wikipedia als Ausnahme

Auf der zu Yahoo gehörenden Foto-Seite Flickr sei das Verhältnis zwischen passiven und aktiven Nutzern ähnlich. Die meisten Besucher sehen sich damit lediglich den Inhalt der Seiten an und tragen nicht selber dazu bei.

Einzige Ausnahme sei das Online-Lexikon Wikipedia: Fast fünf Prozent der Besuche dienen hier dem Verändern von Einträgen.

In San Francisco findet dieser Tage die Web 2.0 Expo statt, bei der sich alles um User-generierten Content und die passenden Geschäftsmodelle dreht

Besucher-Traffic auf Portalen steigt

Trotz der relativ geringen Teilnahme stellt die Hitwise-Studie jedoch nicht das rasante Wachstum der Seiten in Frage: Innerhalb von zwei Jahren habe sich die Besucherzahl fast verachtfacht.

"Web 2.0 und Teilnehmerseiten entwickeln echte Zugkraft", sagte der Autor der Studie, Bill Tancer, auf einer Branchenkonferenz in San Francisco.

Mittlerweile entfielen rund zwölf Prozent des US-Internet-Verkehrs auf solche Seiten. Vor zwei Jahren belief sich ihr Anteil auf lediglich zwei Prozent.

Nach dem Erfolg von MySpace, YouTube und Co wollen sich vermehrt auch alte Medienhäuser billigen Content von ihren Nutzern holen. Die "New York Times" wird dabei zum YouTube-Klon, und Disney-Chef Robert Iger ärgert sich, dass er den Trend nicht früher erkannt hat.

Web 2.0 für Unternehmen

Auch wenn also nur wenige wirklich mitmachen, ortet die Economist Intelligence Unit trotzdem die Tendenz, dass Firmen vermehrt auf Web-2.0-Anwendungen setzen, um ihre Umsätze zu steigern.

25 Prozent, also jedes vierte Unternehmen, laden die Konsumenten bereits ein, zur Erklärung, Unterstützung, Bewerbung oder Erweiterung ihrer Produkte beizutragen. 65 Prozent der Firmen haben bereits Blogs oder Wikis eingerichtet oder zum Wissensaustausch inner- und außerhalb des Unternehmens geplant.

Zusätzliche Umsätze erhofft

Studienautor Dan Armstrong zeigte sich überrascht über die breite positive Stimmung unter den großen Firmen, was die kommerziellen Möglichkeiten im Web 2.0 betreffe.

Zusätzliche Umsätze aus den neuen Formen der Internet-Kommunikation erhoffen sich die Unternehmen vor allem beim Gewinnen von Kunden [38 Prozent], im Kundenservice und in der Produkt- und Serviceentwicklung [jeweils 25 Prozent]. In diesen Bereichen erhoffen sich die Firmen auch die größten Kostensenkungseffekte.

Definition von Web 2.0

Vorreiter sind laut Umfrage Firmen in den USA, in Deutschland, China, Indien und Großbritannien und da vor allem Unternehmen der Unterhaltungs- und Medienindustrie, des Technologiebereichs und der Tourismusbranche.

Was man unter Web 2.0 versteht, scheint allerdings immer noch nicht ganz klar zu sein: Immerhin jeder dritte Manager hält auch E-Mail für eine Web-2.0-Anwendung.

Für die Umfrage im Auftrag der börsennotierten norwegischen Firma FAST, nach eigenen Angaben der weltweit führende Entwickler von Internet-Suchprogrammen für Unternehmen, wurden im Jänner dieses Jahres 406 hochrangige Führungskräfte befragt.

(futurezone | APA | Reuters)