Bwin mit herben Verlusten
Der Online-Wettanbieter bwin schreibt 2006 mehr als eine halbe Milliarde Euro Verlust. Der Grund dafür sind massive Wertminderungen von rund 515 Millionen Euro in den USA. Nun will sich Bwin auf das Kerngeschäft in Europa konzentrieren und ein Effizienzprogramm starten. Bwin-Aktien verloren 9,1 Prozent.
Das Ergebnis nach Steuern verschlechterte sich gegenüber dem Jahr davor von plus 6,4 Millionen Euro auf minus 539,6 Millionen Euro drastisch. Schuld daran sind die - wie erwartet - massiven Belastungen von rund 515 Millionen Euro in den USA.
Abschreibungen in den USA
Im Zuge der rechtlichen Entwicklungen in den Vereinigten Staaten und der daraus resultierenden Einstellung des US-Geschäfts wurde im vierten Quartal eine nicht zahlungswirksame Wertminderung der Kundenbasis und des Firmenwerts bei bwin Games AB in Höhe von 515,1 Millionen Euro vorgenommen, teilte das Unternehmen am Donnerstag ad hoc mit. Im Gesamtjahr betrugen die Wertminderungen 516,6 Millionen Euro.
Seit Mitte Oktober vergangenen Jahres ist Kredikartenfirmen in den USA der Zahlungsverkehr mit internationalen Wett- und Glücksspielanbietern verboten. Bwin zog sich daraufhin aus dem US-Markt zurück und verlor rund ein Fünftel seines Umsatzes. Der Kurs des Unternehmens erlitt daraufhin drastische Verluste.Im September 2006 wurden überraschend die beiden bwin-Geschäftsführer in Frankreich wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Internet-Wettbestimmungen festgenommen, drei Tage später aber wieder freigelassen. Auch in einigen deutschen Bundesländern droht dem Unternehmen das Aus.
Einstellung des Türkei-Geschäfts belastet
Auf Grund der geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Türkei habe sich bwin auch dazu entschlossen, das Angebot an Online-Gaming-Produkten in der Türkei im ersten Quartal 2007 vorübergehend einzustellen, und habe demzufolge den aktivierten Kundenstock in Höhe von 1,6 Millionen Euro bereits im vierten Quartal 2006 vollständig abgeschrieben.
Bwin will sich jedoch in der Türkei um eine Lizenz bewerben.
EBITDA dreht ins Minus
Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen [EBITDA] ging im Vorjahr von plus 15,1 Millionen Euro auf minus sieben Millionen Euro zurück.
Die Brutto-Gaming-Erträge [Wetteinsätze abzüglich Wettgewinne] stiegen hingegen 2006 von 144 auf 381,8 Millionen Euro, teilte bwin am Donnerstag weiter mit. Auf das US-Geschäft entfielen davon 73,3 Millionen Euro. Das Betriebsergebnis [EBIT] fiel von plus 7,7 auf minus 587,5 Millionen Euro.
Dividende frühestens 2009
Bwin werde frühestens 2009 eine Dividende zahlen, sagte Vorstand Norbert Teufelberger.
Nach dem Rückzug aus den USA, der eine einmalige Abschreibung der vorwiegend in den USA aktiven schwedischen Ongame-Beteiligung und damit eine Wertminderung von 515,1 Millionen Euro zur Folge hatte, und wegen "protektionistischer Maßnahmen einzelner EU-Mitgliedsstaaten" will sich bwin auf das Kerngeschäft - Sportwetten und Poker - sowie auf bereits etablierte Märkte in Europa [EU- und EFTA-Raum] konzentrieren.
Regulatorisch stimme in der EU die eingeschlagene Richtung, es liege "aber noch ein weiter Weg vor uns", so Teufelberger.
Der Europäische Gerichtshof [EuGH] entschied Anfang März zu einem Fall in Italien, dass Strafen gegen ausländische Wettanbieter unter bestimmten Bedingungen EU-rechtswidrig sind. Bwin sah sich durch das Urteil bestätigt.
Marketingbudget reduziert
Begleitend sei ein Programm zur Erhöhung der Effizienz verabschiedet worden, das alle Unternehmensbereiche umfasse und dessen erste Effekte ab dem ersten Quartal 2007 zu erwarten seien. Außerdem sei das Marketingbudget - beginnend mit dem vierten Quartal 2006 für das Jahr 2007 - stark reduziert worden, so Teufelberger.
Neue Märkte im Visier
Das Management sei "zuversichtlich", die Auswirkungen durch die geänderte Gesetzeslage in den USA und den vorübergehenden Rückzug vom türkischen Markt "im Lauf der Zeit mehr als zu kompensieren".
Der Fokus auf bereits etablierte europäische Märkte schließe die Entwicklung neuer Märkte nicht aus. So habe das Unternehmen beispielsweise eine argentinische Lizenz erhalten, wo in Kürze das operative Geschäft gestartet werde. Auch in Peking habe bwin ein Büro etabliert. Die fortschreitende Konsolidierung des Marktes schließe auch Übernahmen durch bwin nicht aus.
Bwin hat etwa den britischen Online-Buchmacher Sportingbet im Visier. Ob es aber wirklich zu einer Angebotslegung kommt, ist noch nicht klar.
Aktie mit starken Verlusten
Die bwin-Aktien verloren an der Wiener Börse am Donnerstag 9,1 Prozent und notierten schlußendlich bei 30,81 Euro.
"Das dürften sehr viele Kleinanleger sein, die wahrscheinlich sogar gut verdient haben und jetzt mit Gewinn verkaufen. Für die ist das natürlich ein Schock, wenn sie hören, dass das Unternehmen eine halbe Milliarde verloren hat", so der Händler weiter.
Grund zu Panik sieht der Marktteilnehmer aber nicht, die Zahlen seien im Rahmen der Erwartungen ausgefallen. Der Aktienwert von bwin beträgt rund 1,09 Milliarden Euro.
(futurezone | APA)