"Wir sind keine Kriminellen"

Urheberrecht
19.04.2007

Eine Koalition aus Konsumentenschützern und Bürgerrechtsgruppen macht gegen die geplante EU-Richtlinie zur strafrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte [IPRED2] mobil.

Die Richtlinie, die am Mittwoch im EU-Parlament zur Abstimmung ansteht, könnte aus Tausenden europäischen Bürgern Kriminelle machen, warnte die Electronic Frontier Foundation [EFF] am Donnerstag in einer Aussendung.

Die geplante EU-Richtlinie sieht Geldstrafen von mehreren hunderttausend Euro für Urheberrechtsverletzungen im gewerblichen Umfang vor. Auch die Beihilfe, Begünstigung und Anstiftung von kommerziellen Urheberrechtsverletzungen soll unter Strafe gestellt werden.

Unklare Definitionen

Vor allem die Begriffe "gewerblicher Umfang" und "Anstiftung" seien jedoch unklar definiert, warnte die EFF.

Dadurch könnten etwa auch Internet-Service-Provider, die sich weigern, den Zugang zu Tauschbörsen zu blockieren, und Video-Sharing-Sites wie YouTube ins Visier der Behörden geraten, argumentierte die Internet-Bürgerrechtsbewegung. Dadurch seien digitale Rechte und Innovationskraft in Gefahr.

Möglichkeiten für die Industrie

Musikkonzerne und Filmstudios würden, unterstützt durch die EU-Richtlinie, über kurz oder lang die strafrechtliche Verfolgung von rivalisierenden innovativen Unternehmen auf Kosten der europäischen Steuerzahler verlangen, hieß es in der Aussendung weiter.

Der Unterhaltungsindustrie würde mit der EU-Richtlinie auch die Mitwirkung an der Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen eingeräumt, kritisierte die EFF. Die Unterhaltungskonzerne dürften im Rahmen transnationaler Ermittlungsteams die Behörden beraten.

Petition gestartet

Gemeinsam mit der europäischen Konsumentenschutzorganisation BEUC, der Free Software Foundation Europe [FSFE], der Foundation for a Free Information Infrastructure [FFII] und zahlreichen weiteren Organisationen fordert die EFF nun, die Tatbestände der Beihilfe, Begünstigung und Anstiftung aus der Richtlinie zu streichen und den Tatbestand des gewerblichen Umfangs klar zu definieren.

In einer Online-Petition sollen Europa-Parlamentarier nun aufgefordert werden, für eine Änderung der EU-Direktive zu stimmen:

Unsicherheit und Verwirrung

Der gegenwärtige Entwurf zur EU-Richtlinie sorge für rechtliche Unsicherheit und Verwirrung. "Gesetze müssen klar und fair formuliert sein", forderte EFF-Europa-Koordinator Eric Josefsson.

Die von der Koalition aus Bürgerrechtlern und Konsumentschützern geforderten Änderungen sollen klarstellen, dass mit der Richtlinie nur kommerzielle Urheberrechtsvergehen und Markenfälschungen strafrechtlich belangt werden können.

Seit Oktober 2006 wartet das erste Internet-Gefängnis auf "Häftlinge". Ins Leben gerufen wurde der Online-Knast von der deutschen Verbraucherzentrale Bundesverband [vzbv], die mit der Aktion "Privatkopieren ist kein Verbrechen" die drohende Kriminalisierung beim privaten Kopieren von Musik und Filmen verhindern will.