TA-eTel-Deal sorgt weiter für Diskussion

23.04.2007

Jede Menge Kritik hagelt es von den heimischen Internet-Providern zu den "zahnlosen" Auflagen für die eTel-Übernahme durch die Telekom Austria. Sie monieren den Wegkauf eines TA-Konkurrenten und fürchten um ihre Geschäfte und ihren Ruf.

Seit Dienstag letzter Woche stehen fast alle Auflagen [zwei weitere Punkte werden in drei Monaten bekannt gegeben] für die Übernahme der eTel durch die Telekom Austria [TA] fest: Nicht nur darf die TA alle eTel-Kunden mitnehmen, diese bekommen auch nur dann ein "Sonderkündigungsrecht", wenn die TA die Preise anhebt.

TA sieht Auflagen gelassen

Alle weiteren Auflagen, etwa der Verkauf eines Glasfaserrings in Wien und die Weitergabe von elf Kollokationsstandorten in Wien, sind ebenfalls als durchaus TA-freundlich einzustufen: Keine davon würde den Wert von eTel oder die Erlöse der TA im Stammgeschäft schmälern, sagte selbst TA-Unternehmenssprecher Martin Bredl letzte Woche.

Anders die Situation bei den alternativen Telekom-Betreibern Österreichs: So ist Silver Server bereits auf der Suche nach einem neuen Telefonie-Gateway-Betreiber - bisher war eTel der Lieferant.

Der Generalsekretär der Internet Service Provider Austria, Kurt Einzinger, bezeichnete die Auflagen für den Deal gleich nach der Bekanntgabe als "ziemliches Desaster".

Portierungen gehen zur Hälfte schief

Wolle ein Kunde nach der eTel-Übernahme weiterhin einen alternativen Betreiber für seine Telefonie nutzen, müsse nun erneut eine kostenpflichtige Portierung von der TA [bzw. eTel] weg durchgeführt werden, sagt Silver-Server-Chef Oskar Obereder.

"Bisher gingen jedoch 50 Prozent aller Portierungen und Entbündelungen von Seiten der TA nachweislich schief - das schädigt den Ruf des jeweiligen Anbieters bei den Kunden", erklärt Obereder gegenüber ORF.at.

"Zahnlose Angelegenheit"

Bereits der erste Punkt der Verpflichtungserklärung [1.1: TA hat wechselwillige eTel-Vorleistungserbringer bei der Migration zu unterstützen und für eine durchgängige Leistungserbringung zu sorgen] sei daher eine "zahnlose Angelegenheit".

Obereder wirft zudem die Frage auf, ob die TA einen Mitbewerber so einfach vom Markt wegkaufen dürfe. Es gebe mittelständische Unternehmen, die Jahre gebraucht hätten, um von der TA wegzukommen. Mangels Alternativen werde das nun immer schwieriger.

Auch in Sachen Dark Fiber [unbeschaltete Glasfaserleitungen] ortet Silver Server ein Problem: Bisher sei eTel ein wichtiger Lieferant für Dark Fiber gewesen, eine Leistung, die von der Telekom Austria allerdings nicht angeboten werde. Damit werde eine wichtige Infrastruktur-Quelle für Internet Service Provider demnächst ersatzlos versiegen, meint Obereder.

Einschränkung für Endkundenmarkt

Im Bereich Endkundenmarkt sieht auch der Verband der Alternativen Telekom-Netzbetreiber [VAT] das größte Problem: Wegen der langen Bindungsfristen und der Umstellungskosten sei es für die bisherigen eTel-Kunden schwierig, den Anbieter zu wechseln, so der VAT am Freitag in einer Aussendung.

Das ist für Martin Halama, Sprecher von Tele2/UTA, gleichfalls ein Manko: "Wenn sich vor allem Geschäftskunden ganz bewusst zur TA eTel als alternativen Netzlieferanten dazugenommen haben, sind diese nun wiederum bei der TA gelandet."

Für Tele2/UTA sei der Kauf weniger ausschlaggebend, Tele2/UTA sei anders aufgestellt, so Halama. Nur habe bisher die eTel bei Tele2/UTA eingekauft - dieser Kunde werde nun wahrscheinlich wegfallen, meint Halama, da die TA die Services selber liefern könne.

Der Kauf betrifft auf die eine oder andere Weise eine ganze Reihe der heimischen Telekom-Anbieter: Die Mobilfunkkunden der eTel telefonierten bisher über das Mobilfunknetz von One, Inode/UPC hatte ebenfalls eTel als Gateway-Betreiber.

RTR gab "rote Linie" vor

Der VAT kritisierte in seiner Aussendung am Freitag vor allem die Rolle der RTR in dem nicht öffentlichen Verfahren: Es sei nicht nachvollziehbar, warum sich die RTR für weniger Auflagen ausgesprochen habe als die Bundeswettbewerbsbehörde [BWB] und der Bundeskartellanwalt, so VAT-Präsident Berthold Thoma.

Laut Bundeskartellanwalt Alfred Mair gab die RTR in dem Verfahren die "rote Linie" vor.

Gerade in einem regulierten Markt sei die zuständige Behörde, in dem Fall die RTR, zu konsultieren, so Mair gegenüber ORF.at. Auf deren Expertise müssten sich sowohl BWB als auch der Kartellanwalt verlassen können.

Schließlich müssten die BWB und auch der Kartellanwalt bei der aktuellen minimalen Personalbesetzung auch zahlreiche andere, unregulierte und somit unüberwachte Märkte beobachten und beurteilen, erklärte Mair.

Wettbewerbsbehörde nun zuständig

Die RTR gab in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber ORF.at an:

"Bezug nehmend auf die Veröffentlichung der Bundeswettbewerbsbehörde mit dem Titel 'Zusammenschluss TA/eTel' stellen wir fest, dass der tragende Kern der Verpflichtungserklärung der Telekom Austria AG auf Expertisen der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH beruht. Durch diese Expertise sieht die Regulierungsbehörde allfällige negative Auswirkungen dieses Zusammenschlusses auf die nationalen Telekommunikationsmärkte unterbunden."

RTR: "Kein Kommentar"

Weiter hieß es seitens der RTR: "Der Vollständigkeit halber halten wir fest, dass wir Vorgänge bzw. Inhalte einer nicht öffentlichen gerichtlichen Erörterungstagsatzung nicht weiter kommentieren."

In ihrer "Klarstellung" zur VAT-Aussendung schrieb die RTR am Freitag, dass die Zuständigkeit für Unternehmenszusammenschlüsse per Gesetz bei den allgemeinen Wettbewerbsbehörden liege und damit auch die alleinige Verantwortung für das endgültige Maßnahmenpaket.

Die BWB gab bei der Veröffentlichung des Maßnahmenkatalogs an, dass dieser nach "außerordentlich langwierigen Verhandlungen" mit allen beteiligten Stellen zu Stande gekommen sei.

(futurezone | Nadja Igler)