Deutschland rudert bei Roaming zurück
Deutschland plädiert für eine weniger starke Senkung der Handytarife für Auslandsgespräche als von der EU gefordert - aus Rücksicht auf andere Länder. Die Rede ist nun von 60 Cent für aktive und 30 Cent für passive Gespräche.
Das berichtete die "Berliner Zeitung" am Montag unter Berufung auf einen Vorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums an die anderen EU-Mitgliedsstaaten.
Das sei die Basis, auf der man in die Gespräche am Dienstag mit EU-Kommission und Parlament gehe, bestätigte mittlerweile das deutsche Wirtschaftsministerium.
"Es gibt ein Kompromisspapier dieses Rates. Dieses wird zusammen mit Kommission und Parlament besprochen", sagte ein Ministeriumssprecher.
Höher als zu Beginn der Verhandlungen
Dagegen hatte der federführende Ausschuss im EU-Parlament gefordert, dass abgehende Telefonate höchstens 40 Cent und die Annahme von Gesprächen maximal 15 Cent kosten dürfe.
In der Vergangenheit hatte sich die deutsche EU-Ratspräsidentschaft für 50 Cent und 25 Cent ausgesprochen. Hier könne nun aber ein Kompromiss mit dem Parlament liegen, hieß es in Regierungskreisen, da das exakt zwischen den neuen Forderungen der Staaten und den Vorstellungen des Parlaments liege.
Mit einem Durchbruch bereits in der ersten Verhandlungsrunde mit dem Parlament war nach Einschätzung eines Diplomaten aber nicht zu rechnen.
Rücksicht auf einzelne Partnerländer
Der deutsche Wirtschaftsminister Michael Glos [CSU] als amtierender Vorsitzender der Fachminister nehme mit seinem Vorschlag für die Verhandlungen unter den EU-Regierungen offenbar Rücksicht auf Bedenken einzelner Partnerländer, schrieb die Zeitung. Insbesondere Großbritannien sehe Preisvorgaben skeptisch.
Das Europaparlament hat die Weichen für eine starke Senkung der Handygebühren bei Auslandsgesprächen in der EU bereits gestellt. Vor kurzem stimmte der federführende Industrieausschuss in Brüssel für einen entsprechenden Vorschlag.
Die Abstimmung im Plenum ist für den 9. Mai vorgesehen. Bis zur Sommerpause wollen die Parlamentarier einen Kompromiss mit den zuständigen Fachministern der 27 EU-Länder finden.
Opt-in statt Opt-out
Der Entwurf sehe zudem vor, dass bestehende Handyverträge unverändert bleiben, solange nicht der Kunde ausdrücklich auf den EU-Tarif umsteigen will.
Die EU-Abgeordneten wollten dagegen, dass die neuen Tarif für alle Kunden gelten, es sei denn, sie wählten ausdrücklich einen anderen Handyvertrag.
Die für Konsumentenschutz zuständige Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Bärbel Höhn, wertete die Verhandlungslinie der Bundesregierung als Kniefall vor der Lobby der Mobilfunkanbieter. Glos kneife, nachdem er zuvor erklärt habe, sich für die Senkung der Gebühren einzusetzen.
(AFP | Reuters)