Softwarepatente - EU-Parlament dreht um
Die vehementen Proteste von europäischen Wirtschaftsfachverbänden und freien Entwicklern, von mittelständischen Unternehmen und den verschiedenen "Free Software"- und "Open Source"- Communitys haben ihre Wirkung in Brüssel nicht verfehlt.
Durch den "Bericht über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen" zieht sich eine ganze Reihe von Zusätzen, die in beide Richtungen interpretierbare Passagen eindeutig lesbar machen.
Dass drei der einflussreichsten Parlamentsausschüsse [Industrie, Recht/Binnenmarkt und Kultur] diese Änderungen mit Mehrheit beschlossen haben ist üblicherweise im EU-Parlament Garant dafür, dass die Änderungen auch durchgehen. Da es sich aber um ein "Verfahren zur Mitentscheidung in erster Lesung handelt", ist danach wieder die Kommission am Wort.
Weg mit Artikel drei
Der im Zentrum der Kritik stehende Artikel drei soll ersatzlos
gestrichen werden, wie es etwa die Wirtschaftskammer Österreich
gefordert hatte.
Artikel drei - "Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine computerimplementierte Erfindung als einem Gebiet der Technik zugehörig gilt" - hätte Software auf eine Stufe mit allen anderen technischen Erfindungen gestellt und somit patentierbar gebracht.
WKÖ gegen Softwarepatent-RegelungDIe Vergabepraxis des Patentamts
Beim Europäischen Patentamt wurden in den letzten beiden Jahren zahllose Patente auf reine Softwareanwendungen und -lösungen erteilt. Vom Webshop bis zum Fortschrittsbalken wurden Trivialideen, die weltweit weder neu noch einzigartig sind, ebenso mit Patenten ausstaffiert.
Diese Vergabepraxis, die sich vollständig am US-Vorbild orientiert - bekanntestes Beipiel ist das Amazon-Patent auf "One-Click-Webshopping" - war eigentlicher Anstoß für eine EU-weite Neuregelung.
Die Vergabepraxis des europäischen Patentamts und geltendes EU-Recht wichen in den letzten Jahren immer krasser voneinander ab.
Demonstration gegen Software-Patente in WienSpätes Verständnis
Wie mehrere telefonisch und via Mail befragte EU-Abgeordnete aus Österreich übereinstimmend berichteten, habe die überwiegende Mehrzahl der Abgeordneten die Komplexität der Materie stark unterschätzt und anfangs einfach nicht verstanden, wie viel Sprengstoff der ursprüngliche Entwurf enthielt.
Erst als sich die Mailboxen der Abgeordneten mit Protestmails füllten, habe man Handlungsbedarf erkannt, sagten mehrere Abgeordnete aus allen vier Parteien zur fuzo.
Die Tagesordnung
Am Dienstagvormittag soll den die Änderungen im Bericht der
Abgeordneten McCarthy im Plenum diskutiert werden, die Abstimmung
ist für Mittwoch angesetzt.