22.09.2003

ANALYSE

Softwarepatente - EU-Parlament dreht um

Die vehementen Proteste von europäischen Wirtschaftsfachverbänden und freien Entwicklern, von mittelständischen Unternehmen und den verschiedenen "Free Software"- und "Open Source"- Communitys haben ihre Wirkung in Brüssel nicht verfehlt.

Durch den "Bericht über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen" zieht sich eine ganze Reihe von Zusätzen, die in beide Richtungen interpretierbare Passagen eindeutig lesbar machen.

Dass drei der einflussreichsten Parlamentsausschüsse [Industrie, Recht/Binnenmarkt und Kultur] diese Änderungen mit Mehrheit beschlossen haben ist üblicherweise im EU-Parlament Garant dafür, dass die Änderungen auch durchgehen. Da es sich aber um ein "Verfahren zur Mitentscheidung in erster Lesung handelt", ist danach wieder die Kommission am Wort.

DIe Vergabepraxis des Patentamts

Beim Europäischen Patentamt wurden in den letzten beiden Jahren zahllose Patente auf reine Softwareanwendungen und -lösungen erteilt. Vom Webshop bis zum Fortschrittsbalken wurden Trivialideen, die weltweit weder neu noch einzigartig sind, ebenso mit Patenten ausstaffiert.

Diese Vergabepraxis, die sich vollständig am US-Vorbild orientiert - bekanntestes Beipiel ist das Amazon-Patent auf "One-Click-Webshopping" - war eigentlicher Anstoß für eine EU-weite Neuregelung.

Spätes Verständnis

Wie mehrere telefonisch und via Mail befragte EU-Abgeordnete aus Österreich übereinstimmend berichteten, habe die überwiegende Mehrzahl der Abgeordneten die Komplexität der Materie stark unterschätzt und anfangs einfach nicht verstanden, wie viel Sprengstoff der ursprüngliche Entwurf enthielt.

Erst als sich die Mailboxen der Abgeordneten mit Protestmails füllten, habe man Handlungsbedarf erkannt, sagten mehrere Abgeordnete aus allen vier Parteien zur fuzo.