Scharfe Datenschutz-Kritik an Regierung
Das Gleichgewicht zwischen dem Schutz des Bürgers vor Terror und Kriminalität und dem Schutz seiner Freiheit droht zu kippen, sagen die Kritiker.
Der deutsche Datenschutzbeauftragte Peter Schaar hat der Regierung eine "sträfliche Vernachlässigung" des Datenschutzes vorgeworfen.
Bei der Vorstellung seines jüngsten Tätigkeitsberichts forderte er am Dienstag in Berlin zudem einen sofortigen Stopp der Planungen zu Online-Durchsuchungen von Computern.
"Das Datenschutzrecht hat mit der technologischen Entwicklung nicht Schritt gehalten", kritisierte Schaar. Eine Modernisierung sei dringend erforderlich.
Gegen die von Innenminister Wolfgang Schäuble [CDU] ursprünglich geforderte Speicherung von Fingerabdrücken erhob Schaar verfassungsrechtliche Bedenken. Diese Vorgehensweise käme der unterschiedslosen erkennungsdienstlichen Erfassung der gesamten Bevölkerung auf Vorrat gleich. Schäuble ist inzwischen von diesem Plan abgerückt.
Erfassung unschuldiger Personen
Schwere Vorwürfe erhob Schaar gegen das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum in Berlin. Dort habe er bei einer Überprüfung Daten gefunden, die mit der eigentlichen Arbeit nichts zu tun hätten.
Darunter seien rund hundert Datensätze von "ganz normalen Bürgerinnen und Bürgern" gewesen, die zuvor vielleicht wegen einer Trunkenheitsfahrt, aber nie wegen einer Nähe zum Terrorismus aufgefallen seien.
Projekt Online-Durchsuchungen aufgeben
Schaar kritisierte, die Diskussion zum heimlichen Zugriff von Sicherheitsbehörden auf PCs finde derzeit "in einem weitgehend trüben Umfeld" statt. Die Politik könne immer noch nicht erklären, worum es eigentlich genau gehen solle, Zweck und Zielgruppen seien nicht klar definiert.
"Es ist zu befürchten, dass hier letztendlich viele unschuldige Personen erfasst werden. Angesichts der verfassungsrechtlichen Bedenken und aus meiner Sicht unlösbaren praktischen Fragen sollte das Projekt Online-Durchsuchungen aufgegeben werden", forderte Schaar.
Auch der Innenexperte der Grünen, Wolfgang Wieland, warnte im Deutschlandradio Kultur vor der Totalausspähung der Privatsphäre. Schäuble wolle das heimliche Eindringen in Datenbestände von Computern bei gleichzeitiger Kommunikationsüberwachung und Lauschangriffen über Webcams ermöglichen.
(APA | AP)