Joost in den Startlöchern
Die Internet-TV-Plattform Joost der Skype-Gründer Niklas Zennstrom und Janus Friis steht kurz vor dem Start. Joost, das mit professionellen Inhalten punkten will und über Werbung finanziert werden soll, kann vorerst zumindest Werbekunden überzeugen.
Seit Monaten steht Joost ausgewählten Betatestern offen, am Dienstag soll die Internet-TV-Plattform auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, berichtete die "New York Times" unter Berufung auf unternehmensnahe Kreise.
Das in Luxemburg ansässige Unternehmen wollte den Starttermin bisher zwar nicht bestätigen. Der Countdown zum Start wurde auf der Joost-Website jedoch bereits eingeleitet.
Höhere Bildqualität, breites Angebot
Joost, das zunächst unter dem Codenamen Venice Project entwickelt wurde, will sich von anderen Online-Videoanbietern durch höhere Bildqualität und durch ein breites Angebot an professionell produzierten Inhalten unterscheiden.
"Wir wollen das Beste aus dem TV mit dem Besten aus dem Internet verbinden", sagte Joost-Geschäftsführer Friis bei einer Präsentation des Projekts Mitte Jänner. Im Unterschied zum klassischen TV können Sendungen aus dem Joost-Angebot nach Bedarf abgerufen werden.
Um auf die Internet-TV-Plattform zugreifen zu können, ist der Download des Joost-Clients notwendig. Der ist vorerst nur für Windows-Betriebssysteme [Vista und XP] und Mac OSX [ab Version 10.4] verfügbar. An einer Linux-Version wird noch gebastelt. Joost basiert auf Peer-to-Peer-Technik. Pro Stunde lädt der Joost-Client bis zu 350 MB an Daten herunter und rund 105 MB hoch. Der Bandbreiten-Bedarf des Systems sei deswegen so hoch, weil es den Usern möglich sein soll zwischen den Kanälen schnell umschalten zu können, war auf dem Unternehmens-Weblog zu lesen.
Community-Features [noch] spärlich
Über so genannte Widgets, die nur im Full-Screen-Modus aufscheinen, können sich Joost-Nutzer untereinander synchron über die Inhalte austauschen [Channel Chat] und auch Sendungen bewerten.
Über Widgets, mit denen sich Joost auch von anderen Internet-TV-Anbietern wie etwa Babelgum abzuheben versucht, können auch RSS-Feeds abonniert und mit Jabber oder Gmail Instant Messages ausgetauscht werden, ohne die Applikation zu verlassen.
Noch nimmt sich das Widget-Angebot spärlich aus. Das soll sich jedoch bald ändern. Künftig sollen Joost-Nutzer und Inhalte-Anbieter selbst Widgets programmieren und auf Joost zur Verfügung stellen können, teilte das Unternehmen vor kurzem mit.
==Rund 70 Kanäle im Betatest==
Als Content-Partner konnten bisher unter anderem der US-Medienkonzern Viacom, das US-TV-Netzwerk CBS, Warner Music, Nettwerk, Paramount Pictures und Endemol gewonnen werden.
Im Betatest standen den Nutzern rund 70 Kanäle zur Verfügung. Das Angebot reichte von TV-Serien ["Braindead", "Lazy TV"] und -Shows ["Guinness World Records TV", "World's Strongest Men"] über Comedy-Formate ["Hot & Wet", "Boom Chicago"], Cartoons und Animationen ["Gong"] bis hin zu Musikvideos [unter anderem von XL Recordings und Nettwerk], Konzertmitschnitten [Fabchannel], Sport- [Boxen, Wrestling, Indie-Car] und Spielprogrammen [GameStar TV] bis hin zu einem eigenen Kanal für Kochrezepte und einem Heimwerkerkanal [The Hobby Channel].
Bis zum offiziellen Start soll das Angebot nach Unternehmensangaben jedoch noch erweitert werden.
Die Content-Partner sollen laut unternehmensnahen Kreisen bis zu zwei Drittel der Werbeeinnahmen aus den Inhalten sowie zusätzliche Kompensationen erhalten.
Namhafte Werbekunden
Vergangene Woche präsentierte das Unternehmen in New York zahlreiche namhafte Werbekunden, die in einer drei Monate dauernden Testphase auch neue Werbeformate testen wollen.
So haben etwa Coca-Cola, HP, Intel und Nike Vereinbarungen über weltweite Werbeeinschaltungen unterschrieben. Ausschließlich in Europa wollen unter anderem IBM, Nokia und Vodafone werben. Microsoft, Visa, Sony und der Spielehersteller Electronic Arts werden ihre Werbeeinschaltungen auf Joost vorerst auf die USA beschränken.
Globale Werbung auf Joost soll für die dreimonatige Testphase laut "New York Times" 100.000 Dollar kosten. Regionale Einschaltungen in den USA und Europa sollen mit 50.000 Dollar zu Buche schlagen.
Drei Minuten Werbung pro Stunde
Werbeunterbrechungen sollen zunächst auf drei Minuten pro Stunde begrenzt werden. Damit sich die Streuverluste der Einschaltungen in Grenzen halten, werden die Werbungen auf die Profile der Nutzer abgestimmt.
Daneben sollen interaktive Formate Joost-Nutzer für die beworbenen Produkte begeistern. Diese sollen, auf die Inhalte abgestimmt, in so genannten "hand raiser"-Boxen am Bildschirm aufscheinen. Im Beta-Test waren bisher jedoch ausschließlich klassische TV-Spots zu sehen.
Die Kontext-Werbung soll die Joost-Nutzer auch auf speziell für den Internet-TV-Kanal konzipierte Werbesendungen leiten. Daneben sollen sich Werbekunden auch als Sponsoren für einzelne Kanäle auf Joost betätigen können.
Werbetreibende angetan
Werbetreibende sind vom Angebot des Peer-to-Peer-Fernsehens vorerst jedenfalls angetan. Die Inhalte könnten mit jenen des klassischen Fernsehens mithalten, hieß es. Daneben biete Joost seinen Werbekunden detaillierte Nutzer-Statistiken und die Möglichkeit maßgeschneiderter Werbeeinschaltungen.
Ob Joost auch das Publikum überzeugen und zur ernst zu nehmenden Konkurrenz für Online-Videoplattformen wie YouTube & Co. werden kann, bleibt abzuwarten.
An der YouTube-Vormachtstellung im Online-Videosektor wollen auch die Medienkonzerne News Corp und NBC Universal mit einer gemeinsamen Online-Videoplattform starten. Als Vertriebspartner des Projekts, das noch in diesem Sommer an den Start gehen soll, fungieren Yahoo, Microsoft, AOL und die News-Corp-Tochter MySpace.