GLONASS wird Weltraumschrott
Das russische Satelliten-Navigationssystem GLONASS kämpft mit massiven Problemen. Laut einem Bericht sind derzeit nur zwölf der 19 Satelliten funktionsfähig. Fünf weitere Trabanten sind so veraltet, dass sie bis 2008 ausfallen werden. Präsident Wladimir Putin hat den Neustart des Systems auf seiner Prioritätenliste weit nach oben gesetzt.
Wie Juri Zaizew, wissenschaftlicher Berater der Russischen Akademie für Ingenieurswissenschaften, am vergangenen Freitag in einem Bericht für die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti schrieb, steckt das russische Satelliten-Navigationssystem GLONASS in einer tiefen Krise.
Während Putin im März anlässlich einer Beratung über die Weltraumpolitik des Landes den Neustart des GLONASS-Systems ganz oben auf die Prioritätenliste gesetzt hat, kämpfen die Techniker der Raumfahrtagentur Roskosmos mit den Altlasten des noch zu Sowjetzeiten gestarteten Programms.
Einsatzfähig bis 2009
Um GLONASS [Globales Navigationssatelliten-System] als weltweite Alternative zum US-Konkurrenzsystem GPS [Global Positioning System] anbieten zu können, muss es über 24 Satelliten verfügen. Anatoli Perminow, Direktor von Roskosmos, hatte im April angekündigt, dieses Ziel bis 2009 erreichen zu wollen.
Die Chancen dafür stünden allerdings schlecht, so Zaizew. Er zitiert das GLONASS-Kontrollzentrum mit einer Mitteilung, nach der zurzeit nur zwölf der sich im Erdorbit befindlichen 19 Satelliten des Systems funktionsfähig seien. Dazu kämen noch vier bereits auf ihren Umlaufbahnen platzierte Satelliten, die in naher Zukunft aktiviert werden könnten, was die Anzahl der GLONASS-Erdtrabanten auf 16 bringen würde.
Das Problem dabei aber sei, dass es sich nur bei sieben dieser Satelliten um aktuelle Modelle vom Typ Uragan-M handeln würde. Der Rest, so Zaizew,sei veraltet und müsse bis Ende 2008 außer Dienst gestellt werden. Die Satelliten der ersten Uragan-Generation hatten eine Lebensdauer von lediglich drei Jahren.
Sehr dichter Startplan
Um den Plan einzuhalten, müsste Roskosmos bis Ende 2009 immerhin 17 neue Satelliten im Orbit platzieren. Darüber hinaus dauere es nach dem Start mehrere Monate, die Satelliten in Dienst zu stellen und in das System einzubinden.
Zaizew wirft Roskosmos vor, mit den vorhandenen Satelliten herumzutricksen, um die ehrgeizigen Vorgaben des Präsidenten erfüllen zu können. Alte Satelliten würden deaktiviert, um ihre Lebensdauer zu verlängern, um sie dann zum offiziellen Start des Systems schnell reaktivieren und als verfügbar melden zu können. Die Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems sei damit aber keineswegs gewährleistet.
Im Gegensatz zum GPS, das zur vollen Betriebsfähigkeit nur 24 Satelliten brauchte, aber bis zu sieben redundante Maschinen im Orbit hält, die im Bedarfsfall für eine defekte einspringen können, gibt es bei GLONASS derzeit kein Back-up, die Satelliten würden außerdem zu Wartungszwecken regelmäßig deaktiviert. Zuletzt war GLONASS 1995 voll funktionsfähig gewesen.
Russen fliegen auf GPS
Sogar die russische Luftfahrt verlässt sich daher auf das US-System. Zaizew zitiert den russischen Verkehrsminister Igor Lewitin, der feststellte, dass nur 1.200 russische Flugzeuge über Satelliten-Navigationsempfänger verfügten. Davon seien nur acht Prozent auf das GLONASS-System eingestellt, der Rest auf GPS.
Zaizew erwartet, dass GLONASS frühestens 2010 wieder voll funktionsfähig sein könnte. Ab 2009 stünden die neuesten Satelliten vom Typ Uragan-K zur Verfügung, die wesentlich leichter seien als ihre Vorgänger und im Doppelpack mit günstigeren Sojus-2-Raketen gestartet werden könnten. Bis 2025 will die russische Raumfahrtbehörde 27 dieser Satelliten im Orbit platziert haben.
Die Uragan-K-Satelliten werden je drei Kanäle zur Verfügung stellen, davon einen für die freie zivile Nutzung.
Konkurrenz aus China
In der Zwischenzeit wird GPS wohl konkurrenzlos bleiben. Das europäische Navigationsnetz Galileo steckt derzeit in einer tiefen administrativen Krise, sein Start wurde bereits von 2008 auf 2011 verschoben.
Auch das chinesische Navigationssystem Compass befindet sich noch im Aufbau. Ob es zu einer vollwertigen GPS-Konkurrenz ausgebaut werden wird, ist derzeit noch umstritten. Laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" vom 4. April haben die chinesischen Behörden bei der Schweizer Firma Temex in Neuenburg 30 Rubidium-Atomuhren von jenem Typ bestellt, wie er auch in den Galileo-Satelliten zum Einsatz kommt.
Das könnte darauf hindeuten, dass die Chinesen es mit dem Aufbau eines eigenen weltweiten Navigationssystems ernst meinen. China ist eigentlich auch am Aufbau von Galileo mit beteiligt.
(RIA Nowosti | futurezone)