Nachwehen des Telecom-Italia-Deals
Ex-Telecom-Italia-Chef Marco Tronchetti Provera beklagt die "Vermischung von Staat und Wirtschaft" in der Kommunikationsbranche.
Zu einem Auf und Ab kam es an der Mailänder Börse am Montag nach dem Einstieg der spanischen Telefonica bei der Telecom Italia [TI]. Die TI-Aktien in Mailand legten zunächst zwei Prozent auf 2,3 Euro zu. Auch die Aktien der TI-Mutter Pirelli kletterten um 1,16 Prozent auf 0,94 Euro. Nach den Kursgewinnen zum Börsenstart rutschten jedoch beide Papiere bei lebhaftem Handel leicht ins Minus.
Ein Konsortium um die Telefonica übernimmt die Kontrolle über die Telecom Italia. Der Einstieg der Spanier bei der TI wird jedenfalls in der Regierung in Rom gefeiert. Das Kabinett von Romano Prodi hatte sich gegen eine Offerte des US-Konzerns AT&T und der mexikanischen Gruppe America Movil für die TI mit der Begründung gestemmt, Europas fünftgrößer Telekommunikationsunternehmen würde nicht mehr unter italienischer Kontrolle bleiben.
Olimpia-Holding übernommen
Die Pirelli-Gruppe stimmte am Samstagabend dem Verkauf von 80 Prozent ihrer Anteile an der Olimpia Holding zu, die mit einem Anteil von 18 Prozent der größte und bestimmende Kapitaleigner bei Telecom Italia ist. Die Bietergruppe um die spanische Telefonica werde 4,1 Mrd. Euro für die Übernahme von Olimpia zahlen, teilte Pirelli mit.
Die Telecom Italia ist den Angaben zufolge der fünftgrößte europäische Telekommunikationskonzern. Zu den Käufern gehören die italienischen Banken Intesa-Sanpaolo und Mediobanca, der Benetton-Konzern und die Versicherung Generali. Weitere italienische Investoren könnten eventuell später dazukommen, hieß es.
Einfluss der Politik "zu groß"
In einem Kommentar für die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" am Montag meinte Ex-EU-Währungskommissar Mario Monti, Italien sei noch weit entfernt von einem Land, wo der Staat die Regeln für die Marktwirtschaft festlege und deren Einhaltung überwache, ansonsten aber nicht in das Marktgeschehen eingreife. Der Einfluss der Politik auf die Marktwirtschaft sei in Italien noch zu groß.
In einem Interview zeigte sich Tronchetti Provera, Ex-Telecom-Italia-Chef und Vorstandsvorsitzender von Pirelli, verbittert. Er sei der Fehleinschätzung unterlegen, auf dem Telekommunikationsmarkt herrsche die freie Marktwirtschaft. Stattdessen habe er feststellen müssen, dass der private Unternehmer hier nicht gut angesehen sei.
Italien sei ein Land, welches das Unternehmertum nur als Untertan positiv bewerte, und deshalb gebe es die Vermischung von Staat und Wirtschaft.
Niederlage für AT&T
AT&T und America Movil hatten bis vor zehn Tagen mit dem Pirelli-Konzern Gespräche über den Erwerb eines Mehrheitsanteils an Olimpia geführt. Über den Besitz einer Mehrheit an der Holding hätten die beiden ausländischen Konzerne die Kontrolle über die Telecom Italia bekommen können.
Die Bemühungen hatten in Italien eine Diskussion über die Zukunft des Traditionsunternehmens ausgelöst. Prodi hatte die Banken des Landes zu einem Gegenangebot aufgefordert, um den ehemaligen Staatskonzern in italienischer Hand zu behalten. Die Sorgen kreisten vor allem um das Festnetzgeschäft.
(APA)