Telecom-Italia-Deal als Trendwende
Der Telecom-Italia-Deal der spanischen Telefonica bringt Bewegung in die europäische Telekom-Branche: Nachdem diese lange von der Übernahme allenfalls mittelgroßer Unternehmen geprägt war, bahnt sich mit dem Einstieg der spanischen Telefonica bei Telecom Italia eine Elefantenhochzeit an.
Rivalen wie die Deutsche Telekom und France Telecom stehen nun unter Druck nachzuziehen. Deutsche-Telekom-Chef Rene Obermann prognostizierte bereits, dass in Europa nur einige wenige Infrastrukturanbieter bestehen könnten.
Wenig große Übernahmen
Derzeit gibt es rund hundert Netzbetreiber. Schon seit Jahren wird über eine Konsolidierung der Branche spekuliert, passiert ist bis zum Einstieg von Telefonica wenig.
Übernahmen wie die der britischen Mobilfunkgesellschaft O2 durch Telefonica für 26 Milliarden Euro blieben die Ausnahme. Eine wesentlicher Grund für den Fusionsdruck sind die fallenden Telefontarife, die die Margen der Anbieter schmälern.
Wachstum erkaufen
Alleine durch Einsparungen und dem Abbau von Arbeitsplätzen lassen sich die Gewinne nicht mehr sichern. Durch Übernahmen verbreitern die Unternehmen ihre Kundenbasis und können damit günstiger Handys und Telefonnetze einkaufen.
Über eine Bietergruppe mit italienischer Beteiligung [Generali, Mediobanca, Intesa Sanpaolo und Benetton] hat die Telefonica für 4,1 Milliarden Euro in Bar die Olimpia-Holding, die den fünftgrößten Telekommunikationskonzern Europas kontrolliert, erworben.
Gratwanderung bei Staatskonzernen
Schonung genossen bislang frühere Staatskonzerne, die von ihren Regierung geschützt wurden. Telefonica schaffte es, diesen Riegel zu knacken. "Der Konzern hat großes Geschick beim politisch schwierigen Einstieg in Italien bewiesen", so ein Gartner-Analyst.
So überlassen die Spanier nach außen hin die Führung der Holding Olimpia, die mit 18 Prozent größter Aktionär von Telecom Italia ist, italienischen Unternehmen. Die Regierung hatte das gefordert.
"Faktisch hat aber Telefonica die Kontrolle", sagt eine Person aus dem Umfeld von Telecom Italia. Über kurz oder lang wolle die Gesellschaft die Mehrheit übernehmen.
Ex-Telecom-Italia-Chef Marco Tronchetti Provera beklagte jüngst die "Vermischung von Staat und Wirtschaft" in der Kommunikationsbranche.
Angst vor den USA
Die Übernahme durch Telefonica ist für die europäischen Wettbewerber das kleinere Übel, denn auch die amerikanische AT&T wollte bei dem italienischen Marktführer einsteigen. Die Vorstandschefs anderer europäischer Telekom-Firmen betrachten das Interesse von AT&T mit Sorge. Denn nach einer raschen Konsolidierung wird der US-Telekom-Markt von AT&T und Verizon dominiert - und die sind mit ihrer Finanzkraft akquisitionsfreudig.
Deutsche T plant Übernahmen
Um gegenüber den Vereinigten Staaten nicht ins Hintertreffen zu geraten, forderte Deutsche-Telekom-Chef Obermann bereits eine Lockerung der Kartellaufsicht in Europa - keine uneigennützige Forderung.
Die Bonner hielten sich zu Gunsten des Schuldenabbaus in den vergangenen Jahren mit Akquisitionen zurück. Die Zuschauerrolle will Obermann nun aufgeben - allein schon, um nicht gegenüber Telefonica ins Hintertreffen zu geraten:
"Im Ausland gezielt wachsen"
"Wir werden im Ausland gezielt wachsen", kündigte Obermann Anfang März an. Im Fokus hat er dabei Handy-Anbieter, "aber auch Festnetz-Aktivitäten können mal dabei sein".
Laut Konzernkreisen bietet die Telekom für die niederländische Mobilfunktochter von France Telecom. Auch an Telecom Italia hatten die Bonner anfänglich Interesse, verabschiedet sich aber schnell von dem Bieterprozess.
Bevor sich die Telekom einen Brocken dieser Größe schnappen könne, müsse zuerst das Geschäft in Deutschland geregelt werden, hieß es im Umfeld der Konzerns.
(futurezone | dpa)