Keine Vorab-DVDs mehr für Oscar-Jury
Nachdem sich Gäste bei Vorpremieren von Blockbustern schon seit längerem peinlich genauen Sicherheitschecks unterziehen müssen, bevor sie den Kinosaal betreten dürfen, weiten die Hollywood-Studios ihre Sicherheitsmaßnahmen nun aus.
Die 5.607 Juroren der "Academy of Motion Picture Arts and Sciences", die am 29. Februar 2004 zum 76. Mal den begehrten Oscar vergeben werden, müssen zur Beurteilung der nominierten Filme in diesem Jahr erstmals wieder ins Kino gehen.
Die Studios einigten sich darauf, ihre Filme den Juroren nicht mehr wie bisher zur Bewertung auf Videokassette oder DVD zur Verfügung zu stellen.
Alle elektronischen Geräte, insbesondere Mobiltelefone, müssen bei Film-Previews vor Beginn der Vorstellung abgegeben werden. Im Kinosaal selbst patrouilliert zudem Sicherheitspersonal mit Nachtsichtgeräten und Ferngläsern, um jeden Verstoß gegen die Vorschriften augenblicklich zu entdecken und zu stoppen.
US-Kinobesucher werden gefilztQualitativ hochwertige Quelle
Manche Studios verschickten in der Vergangenheit mehr als 10.000 Kopien pro Film an Medienverteter und Jurymitglieder diverser Preisverleihungen weltweit, den Großteil davon als DVDs. Diese wurden durch unrechtmäßige Weitergabe immer öfter zu einer qualitativ hochwertigen Quelle für Raubkopierer.
Der bei den Vorab-DVDs im Viertelstundentakt eingeblendete Warnhinweis "for your consideration" konnte die Piraten nicht von ihren Aktivitäten abhalten. Er wurde meist kurzerhand herausgeschnitten.
Doch nicht alle Filmstudios stehen hinter der neuen Regelung. Miramax Films, einer der beständigsten Lieferanten von Oscar-prämierten Filmen, will weiterhin die so genannten "Screener" aussenden, obwohl der Mutterkonzern Disney schon länger keine Filme im DVD-Format mehr bereitstellt.
Interne Sicherheit verstärken
Erst vor kurzem hatte eine Studie der AT&T Labs festgestellt,
dass knapp 80 Prozent der in Tauschbörsen gefundenen Filme von
Mitarbeitern der Filmindustrie oder Personen, die mit diesen zu tun
haben [Journalisten, Juroren etc], ins Internet gestellt werden.
Filmvielfalt bei den Oscars bedroht
Doch zu Spitzenzeiten dürfte es gar nicht so einfach werden, die Filme den Juroren in gut bewachten Kinosälen zugänglich zu machen.
"Ich bin schon jetzt bis Ende Jänner ausgebucht", so Charles Aidikoff, Betreiber eines privaten Vorführsaals in Beverly Hills.
Gerade die kleineren Studios befürchten, dass unkonventionelle Filme ohne Starbesetzung, die nur in wenigen "alternativen" Kinos gezeigt werden, unter der neuen Regelung leiden werden.
Man nimmt an, dass einige Juroren nur die näher gelegenen Blockbuster-Kinos besuchen und alle Filme, die dort nicht zu sehen sind, von der Kandidatur für einen Oscar ausschließen.
"Ich lebe in der Schweiz und kann die Filme daher nur auf DVD oder Videokassette begutachten", bestätigt auch Schauspieler und Oscar-Juror Roger Moore. "Außerdem glaube ich nicht, dass diese Maßnahme die Piraterie eindämmen wird - sie wird sich einfach in den Schnittraum verlagern."