EMI allein auf weiter Flur
Während der Musikkonzern EMI schon bald Musik ohne Kopierschutz zum Download anbieten will, halten die Labels Warner Music, Sony BMG und Universal an Systemen zur digitalen Rechteverwaltung [DRM] fest. Aber auch unter Online-Musikanbietern herrscht Skepsis über den Verkauf DRM-freier Musik.
Noch im Mai sollen im Apple iTunes Music Store die ersten DRM-freien EMI-Songs angeboten werden. Zwar wurde noch kein genaues Datum bekannt gegeben, laut Apple-Chef Steve Jobs laufen die Vorbereitungen jedoch auf Hochtouren.
Die anderen großen Musikkonzerne zeigen sich vom EMI-Vorstoß vorerst wenig beeindruckt. Sie wollen ihre Songs online auch weiterhin nur mit Kopierschutz verkaufen.
Kopierschutzsysteme legen unter anderem fest, wie oft Songs auf CD gebrannt werden können. Da DRM-Systeme häufig an die Abspielgeräte bestimmter Hersteller gebunden sind, können damit geschützte Songs nicht auf allen Musik-Playern abgespielt werden, was bei Konsumenten häufig für Frustrationen sorgt. Als erster großer Musikkonzern kündigte EMI Anfang April an, seine Musik künftig auch ohne Kopierschutz in besserer Sound-Qualität, allerdings zu einem höheren Preis, verkaufen zu wollen.
Geschäftsmodell in Gefahr
"Wir werden unsere Musik im Internet auch weiterhin schützen", sagte Warner-Music-Vizepräsident Michael Nash vergangene Woche bei einer Branchenkonferenz dem US-Wirtschaftsmagazin "Forbes".
Mit dem Verkauf von Musik ohne Kopierschutz riskiere die Musikindustrie, dass ihr Geschäftsmodell obsolet werde, meinte der Musikmanager.
Vor kurzem zog Warner Music gegen den neu gegründeten US-Online-Musikhändler AnywhereCD vor Gericht. AnywhereCD hat gemeinsam mit den CDs des Musikkonzerns auch MP3-Downloads von Warner-Alben verkauft.
Kein "grenzenloses Kopieren" bei Sony BMG
Thomas Hesse, der bei Sony BMG für das digitale Musikgeschäft verantwortlich zeichnet, stieß in dasselbe Horn. Das grenzenlose Kopieren von Sony-BMG-Songs komme für ihn vorerst nicht in Frage, sagte er "Forbes".
Universal Music testet
Universal Music gibt sich unterdessen abwartend und will den Verkauf DRM-freier Musik im kleinen Rahmen testen. Sollten die Feldversuche zu steigenden Verkäufen führen, werde man sich bemühen, eine "vernünftige Lösung" zu finden, meinte Universal-Music-Managerin Amanda Marks.
Die Wachstumsraten müssten dabei laut Marks jedoch signifikant höher sein, als jene von Musik-Downloads in Online-Tauschbörsen: Der Schritt, sich von DRM im Online-Musikgeschäft zu trennen, werde dem Konzern sicherlich nicht leicht fallen.
Gerüchten zufolge will Universal Music im geplanten Online-Musik-Shop des Einzelhändlers Amazon, der noch vor dem Sommer an den Start gehen soll, ausgewählte Titel seines Klassikkatalogs ohne Kopierschutzbeschränkungen zum Download zur Verfügung stellen.
Auch Online-Musikanbieter uneins
Während sich der deutsche Download-Anbieter Musicload bereits um DRM-freie EMI-Songs bemüht und sobald wie möglich Musik ohne Kopierschutz verkaufen will, sind andere Online-Musikhändler vom Verkauf DRM-freier Songs nicht restlos überzeugt.
"Kunden nicht verwirren"
Napster, das neben einem Abo-Modell auch Songs zum Einzel-Download anbietet, zeigte sich zwar an DRM-freien Tracks interessiert, will jedoch mit dem Verkauf "ungeschützter" Musik solange zuwarten, bis auch die anderen Majors auf den Zug aufgesprungen sind.
Man wolle die Kunden nicht verwirren, meinte Napster-Chef Chris Gorog. Deshalb werde man Songs erst dann ohne Kopierschutzbeschränkungen anbieten, wenn es möglich ist, das komplette Napster-Angebot ohne DRM zu verkaufen.
Yahoo Music will Doppelgleisigkeiten vermeiden
Auch Yahoo Music will Doppelgleisigkeiten vermeiden. Anstatt jedoch mit dem Verkauf kopierschutzfreier Songs zuzuwarten, wolle man den Verkauf von kopiergeschützten Songs einstellen, sobald die jeweiligen Songs DRM-frei verfügbar sind, kündigte Yahoo-Musik-Chef Ian Rogers an.
Auch Microsoft, dass in den USA im vergangenen Herbst mit dem an den Musik-Player Zune gekoppelten Online-Musik-Shop Zune Marketplace gestartet ist, plant, DRM-freie Musik in sein Angebot aufzunehmen. Über den Zeitpunkt schweigt sich der Software-Riese jedoch noch aus.
EMusic vor Problemen
In Österreich sind DRM-freie Tracks unter anderem bei den auf Independent-Labels spezialisierten Anbietern Manymusics.org, Finetunes und eMusic erhältlich.
EMusic, das weltweit mehr als 300.000 Abonnenten zählt, ist in den USA bereits zur Nummer zwei im Online-Musikgeschäft hinter dem iTunes Music Store geworden.
In Europa ist der Dienst im vergangenen Herbst offiziell an den Start gegangen.
Labels drohen mit dem Absprung
EMusic, das in Europa Downloads im Abo zu Preisen zwischen 28 und 43 Cent pro Song anbietet, steht jedoch vor Problemen. Zahlreiche namhafte Independent-Labels drohen dem Abo-Service, um das sich auch immer wieder Verkaufsgerüchte ranken, mit dem Absprung.
Sie beklagen, dass sie von eMusic zu wenig Geld für ihre Musik bekommen und drängen auf eine Erhöhung der Vergütung durch den Abo-Anbieter.
Während die CD-Verkäufe sinken, steigen die Verkaufszahlen von Downloads rasant. Im vergangenen Jahr wurden im Online-Musikgeschäft weltweit rund 1,54 Milliarden Dollar umgesetzt. Fast doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Dennoch machten die digitalen Downloads 2006 weltweit nur zehn Prozent der Gesamtumsätze der Tonträgerindustrie aus. Marktbeobachter erwarten, dass der Verkauf von Musik ohne Kopierschutzbeschränkungen einen weiteren Wachstumsschub für den Online-Musikmarkt bringt.
(futurezone | Forbes | Reuters)