"Ein grundrechtspolitischer Dammbruch"

14.05.2007

Kommenden Montag endet die Begutachtungsfrist für die Abänderung des Telekom-Gesetzes. Die bis jetzt verbotene anlasslose Speicherung von Verkehrsdaten wird Pflicht für Telekoms und Internet-Provider. "Ein grundrechtspolitischer Dammbruch", sagt der liberale Abgeordnete Alexander Zach.

Heute in einer Woche, am Montag den 21. Mai 2007, endet die Begutachtungsfrist für den Gesetzentwurf zum Thema Speicherpflicht von Verkehrsdaten aus Telefonienetzen und dem Internet.

Damit soll eine EU-Richtlinie zur "Bekämpfung der organisierten Kriminalität sowie der Ausforschung von Terror-Verdächtigen" umgesetzt werden.

Eingriff, massiv

Wer mit wem wann wo telefoniert hat wird ebenso sechs Monate lang festgehalten, wie die Protokolle des SMS-Verkehrs sowie Versand - und Empfangsdaten von E-Mails, sowie dynamische IP-Adressen.

Weil genau das Telekoms und Internet-Providern bisher explizit verboten war, stellt diese "Gesetzesnovelle" einen massiven Eingriff dar.

Grafische Auswertung der Daten

Was bisher nur nach einer richterlich genehmigten Überwachung bei konkretem Verdacht erhoben wurde, wird nun verdachtsunabhängig laufend "auf Vorrat" gespeichert. Von allen Telekommunikationsteilnehmern.

Spezielle Softwares stellen dann auf einen Klick das soziale Netzwerk des Nummerninhabers dar, samt Zeit/Ort-Statistiken, Rankings usw seiner Kontakte.

Ein weiterer Klick und es läuft der automatische Gegencheck mit den Rufnummern-Datenbanken, die Nummern erhalten Namen und Adressen. Die Methode der grafischen Darstellung sozialer Netzwerke ist seit Jahrzehnten Polizeiroutine, statt manuell/grafisch arbeitetet man mittlerweile hochautomatisiert.

Organisierte Kriminelle

Die Gesetzesänderung sei dazu da, "die beträchtlichen technischen Fortschritte im Bereich der elektronischen Kommunikation im Rahmen der Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten, insbesondere der organisierten Kriminalität, zu nutzen", heißt es im Entwurf.

Angesichts der Sponsoren und aktiven Beiträgern eines kommenden Standards des European Telecom Standards Institute zur Übermittlung dieser Verkehrdatensätze an Polizei und "State Security Agencies", sollten Politikern da eher Ängste der anderen Art kommen.

Schlapphüte und Kriminaler

Zu den Sponsoren von "DTS/LI-00033" gehört die mit dem militärisch-elektronischen Komplex der USA eng verbundene VeriSign ebenso wie die israelischen Telekom-Überwachungsspezialisten Verint und Nice.

Die Utimaco Safeware AG, das britische Home Office [mehrfach vertreten] und der holländische Geheimdienst PIDS [Platform Interceptie Decryptie en Signaalanalyse] runden das Bild in Richtung Staatssicherheit ab.

Sekretär dieser Truppe ist ein Herr vom britischen MI5, seit einem Jahr ist auch der deutsche Verfassungsschutz in einer der beiden Überwachungs-Arbeitsgruppen [3GPP SA LI] präsent.

Die Slowakei und Irland haben beim EuGH eine Klage wegen fehlender Rechtsgrundlage angestrengt, im heimischen Justizministerium sieht man dennoch "keine Gefahr".

"Grundrechtspolitischer Dammbruch"

Der liberale Abgeordnete Alexander Zach, der auf einem SPÖ-Ticket im Parlament sitzt, sieht in der Gesetzesänderung einen "grundrechtspolitischen Dammbruch", der nicht zuletzt auch die Unabhängigkeit der Medien massiv einschränkt.

"Die Unschuldsvermutung gilt nicht mehr, jeder ist potenzieller Verbrecher. Die gesamte Bevölkerung wird präventiv überwacht und bürgerliche Freiheiten werden einem vermeintlichen Mehr an Sicherheit geopfert. Das neue Gesetz kennt keine Ausnahmen für Berufsgruppen wie Ärzte, Rechtsanwälte, Kirchenvertreter oder Journalisten", heißt es von Zach.

Seine Anfrage an Justizministerin Maria Berger wurde inzwischen beantwortet. Die Antwort der Ministerin ist zuoberst in der weiter unten verlinkten Dokumentesammlung.

(futurezone | APA)