Jakob Nielsen: Web 2.0 schreckt User ab
Der Hype um Web 2.0 verleitet Internet-Firmen dazu, die Grundregeln guten Designs zu ignorieren, warnt Web-Usability-Guru Jakob Nielsen. Mit unterschiedlichsten Tools überladene Websites würden die Mehrheit der Nutzer nur abschrecken.
Geht es nach dem Vordenker in Sachen Webdesign, wird bei dem Versuch, Websites dynamischer zu gestalten, viel falsch gemacht. Portale mit immer mehr Personalisiserungsmöglichkeiten erinnern ihn zunehmend an die Zeiten des Dot.com-Booms, wo viele Sites zwar "hochglanzpoliert, aber nutzlos" waren.
Genügend Studien zeigen Nielsen zufolge aber, dass es besonders wichtig sei, die Grundregeln einzuhalten, berichtet die BBC. Web 2.0 ist Nielsen zufolge "der letzte Schrei" und für viele Designfehler verantwortlich.
"Grundlagen nicht vergessen"
Die Grundlagen seien die einfache Bedienung, gute Suchtools, wenig Fachjargon und die Berücksichtigung des Designs, bevor auch nur eine Zeile Code programmiert wird.
Weil aber viele Unternehmen möglichst schnell auf den Zug aufspringen wollen, vergessen sie auf diese Grundlagen. "Die meisten Websites machen diese Basics traurigerweise falsch", so Nielsens Urteil.
Jakob Nielsen ist Schriftsteller, Redner und Berater im Bereich Software- und Webdesign-Usability. Er war unter anderem bei IBM und Sun beschäftigt und hat schon früh die Bedeutung von Hypertext erkannt.
Web 2.0: Wer macht mit?
Die Idee von Communitys, User-generiertem Conten und dynamischeren Websites sei an sich nicht schlecht, die Design-Grundlagen sollten Nielsen zufolge dennoch vorrangig behandelt werden.
Nielsen sieht den Einsatz von Web-2.0-Technologien generell kritisch, da das Nutzerverhalten in bereits bekannte Muster eingeteilt werden könne. Diversen Studien zufolge lassen sich Internet-Nutzer in drei Gruppen einteilen:
Nur ein Prozent aktive Nutzer
Rund ein Prozent beteilige sich regelmäßig am Geschehen, rund zehn Prozent beteiligten sich hin und wieder, während der Großteil [rund 90 Prozent] so gut wie nie selber etwas beitrage. Demnach macht laut Nielsen auch nur ein sehr kleiner Teil der Nutzer Gebrauch von den angebotenen Tools.
Viele Nutzer werden abgeschreckt
Spezialisierte Portale wie Facebook und MySpace hätten zwar große Communitys, die sich aktiv beteiligen. Das treffe aber nicht auf alle Portale zu.
"Die meisten Leute wollen rein und schnell wieder raus. Das Web ist nicht das Ziel an sich, sondern nur ein Tool", glaubt Nielsen.
Deshalb, so Nielsen, liefen Unternehmen Gefahr, die Nützlichkeit von Websites für die Mehrheit der Nutzer zu vermindern, denn eine Optimierung auf kollaborative Web-2.0-Funktionen bringe nur einer Minderheit einen Vorteil.
Der Hype um Web 2.0 ist ungebrochen - jeder will Teil des "neuen" Mitmach-Web sein. Die Realität sieht jedoch anders aus: Nur ein Bruchteil der Nutzer von YouTube und Co. beteiligt sich wirklich aktiv an den Portalen - und viele wissen immer noch nicht, was der Begriff eigentlich bedeutet.
(futurezone | BBC)