Einigung bei EU-Roaming-Verhandlungen
Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft und das EU-Parlament haben sich auf ein Roaming-Paket geeinigt, das Tarifobergrenzen von 49 Cent für aktive und 24 Cent für passive Gespräche vorsieht. Die endgültige Zustimmung steht noch aus, im Idealfall könnte die Verordnung aber schon am 7. Juni in Kraft treten, so der federführende Berichterstatter Paul Rübig.
Im Feilschen um die umstrittene Roaming-Verordnung zur Senkung der Handygesprächsgebühren im Ausland steht die EU kurz vor einer Einigung. Verhandler von EU-Parlament und der deutschen Ratspräsidentschaft erzielten am Dienstag einen Durchbruch.
Beide Seiten einigten sich auf ein Paket, das gestaffelte Obergrenzen für die Handygebühren im Ausland für drei Jahre vorsieht, so der ÖVP-Europaabgeordnete Rübig.
49 und 24 Cent Obergrenzen
Die Gebühren für aktive Auslandsgespräche auf Kundenebene sollen bei 49 Cent [ohne Mehrwertsteuer] pro Minute begrenzt bleiben, sagte Rübig. Für empfangene Roaming-Anrufe sollen Handykunden demnach nicht mehr als 24 Cent zahlen.
Nach einem weiteren Jahr sollen die Gebühren auf 46 Cent, im dritten Jahr auf 43 Cent sinken. Die Gebühren für ankommende Anrufe sollen auf 22 und dann 19 Cent sinken. Die EU-Verordnung soll drei Jahre nach Beginn auslaufen.
Verhärtete Fronten
Für Großkunden sollen nach Angaben aus EU-Kreisen folgende Tarife für drei Jahre gelten: 30 Cent im ersten, 28 Cent im zweiten und 26 Cent im dritten Jahr nach Inkrafttreten der Verordnung.
Rübig bezeichnete den Vorschlag auf Anfrage von ORF.at als "großen Durchbruch". Zuletzt habe es sehr verhärtete Fronten gegeben, schließlich seien viele sehr unterschiedliche Interessen aufeinandergeprallt.
Das weitere Vorgehen
Es gebe aber noch keine endgültige Zustimmung von Seiten des EU-Rates und des -Parlaments, so Rübig weiter. "Eine Zustimmung der politischen Fraktionen im Europäischen Parlament sowie im Plenum in der kommenden Woche erscheint mir möglich. Jetzt muss auch der Rat diesen Kompromiss akzeptieren."
Die Botschafter der 27 EU-Staaten sollen bereits am Mittwoch in einer Sitzung in Brüssel über das Paket beraten, hieß es in Kreisen der deutschen Ratspräsidentschaft. Das EU-Parlament werde am kommenden Montag im ITRE-Ausschus beraten und schließlich am Mittwoch im Plenum abstimmen.
Eine endgültige Entscheidung soll von den Telekom-Ministern am 7. Juni getroffen werden. Geht bis dahin alles glatt, würde die Verordnung noch am selben Tag in Kraft treten.
Zuletzt hatte Rübig nicht mehr an eine Einigung vor dem Sommer geglaubt.
Die letzte Übereinkunft
Ursprünglich hatte die deutsche EU-Ratspräsidentschaft Obergrenzen von 50 bzw. 25 Cent angestrebt. Das EU-Parlament hatte zuletzt eine Obergrenze von 45 Cent für getätigte und 20 Cent für ankommende Gespräche gefordert.
Demgegenüber wollte die EU-Kommission die Preise mit 42 bzw. 15 Cent noch deutlicher senken. Sollten die beiden EU-Institutionen das Paket annehmen, kann die Roaming-Verordnung wie geplant noch vor dem Herbst in Kraft treten.
Opt-in für Kunden
Laut Rübig sollen alle Mobiltelefonkunden binnen eines Monats nach In-Kraft-Treten der Verordnung ein Angebot erhalten, von ihrem derzeitigen Tarifmodell in ein neues Tarifmodell zu wechseln, dessen Roaming-Preise unter den von der Verordnung festgelegten Maximaltarifen liegen.
Die Kunden hätten dann zwei Monate Zeit, sich selbst für einen Wechsel oder einen Verbleib in ihrem derzeitigen Tarifmodell zu entscheiden. Werden sie in dieser Frist nicht aktiv, wechseln sie automatisch in das Eurotarif-Modell. Ausgenommen sind Kunden, die bereits jetzt spezielle Roaming-Packages in Anspruch nehmen.
Mobilfunkriesen wie Vodafone und T-Mobile hatten sich lange gegen eine EU-Regulierung der Preise gewehrt. Der Plan gewann jedoch wegen seines Nutzens für die Verbraucher schnell hohe politische Bedeutung über die Telekom-Politik hinaus und gilt als Prestigeprojekt beim Kampf gegen Europaskepsis.
Glos lobt Kompromiss
Der deutsche Wirtschaftsminister Michael Glos [CSU] lobte die grundsätzliche Einigung als "soliden, für alle Beteiligten tragfähigen Gesamtkompromiss".
"Wir sind nach intensiven Verhandlungen fast am Ziel", sagte der derzeitige EU-Ratspräsident am Dienstag in Berlin. Mit gutem Willen könne eine endgültige Einigung erzielt werden. "Ich appelliere jetzt an die Kompromisswilligkeit aller Beteiligten."
Rübig: "Letztes Angebot"
"Das Europäische Parlament hat in den insgesamt vier Verhandlungsrunden mit dem Rat große Flexibilität und Bereitschaft gezeigt, zu einem Kompromiss zu gelangen. Unser letztes Angebot liegt mit der heutigen Voreinigung im Trilog auf dem Tisch. Natürlich brauchen auch wir dafür eine Mehrheit in Ausschuss und Plenum, aber ich bin sehr zuversichtlich, diese erreichen zu können", erklärte Rübig.
Er könne sich nicht vorstellen, dass nun noch jemand das Gesicht verlieren wolle und sich dagegenstellt. Wäre das der Fall, käme die Verordnung in die zweite Lesung, in der im Regelfall viel härter und mit weniger Kompromissbereitschaft verhandelt werde.
(futurezone | APA | Nayla Haddad)